Private Equity

Weniger Beteiligungs­kapital

Das Volumen der Investments in deutsche Jungunternehmen und Mittelständler ist zwar nach den Zahlen des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften 2022 kräftig geschrumpft. Doch aufstrebende junge deutsche Firmen werden einer EY-Studie zufolge immer häufiger übernommen.

Weniger Beteiligungs­kapital

cru Frankfurt

Der deutsche Beteiligungskapitalmarkt behauptet sich im herausfordernden Umfeld. Fast 14 Mrd. Euro haben Beteiligungsgesellschaften im Jahr 2022 in Start-ups und Mittelständler in Deutschland investiert. Gegenüber dem Vorjahr 2021 mit fast 20 Mrd. Euro bedeutet dies zwar einen Investitionsrückgang um 29 %. Die Jahre 2019 bis 2021 waren jedoch mit Blick auf die Investitionen sehr erfolgreiche Jahre mit einem herausragenden Rekordjahr 2021. Das geht aus den am Donnerstag vorgelegten Zahlen des Bundesverbandes Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) hervor.

Laut BVK-Vorstandssprecher Frank Hüther konnte sich der deutsche Beteiligungsmarkt „im vergangenen Jahr nicht dem gesamtwirtschaftlich schwierigen Umfeld entziehen“. „So widerstandsfähig und robust, wie er ist, trotzdem haben Konjunktursorgen, Zinswende und geopolitische Krisen die Beteiligungsgesellschaften und ihre Portfoliounternehmen belastet“, fasste Hüther die vorläufige Statistik für den deutschen Private-Equity- und Venture-Capital-Markt zusammen.

In allen Marktsegmenten (Venture Capital, Buy-outs, Wachstum/Minderheitsbeteiligungen) blieb das Investitionsniveau 2022 unter dem Vorjahreswert. Das Investitionsniveau der Jahre 2017/2018 konnte jedoch übertroffen werden. In Summe wurden fast 900 Unternehmen im Jahresverlauf mit Beteiligungskapital finanziert.

Die Venture-Capital-Investitionen von Beteiligungsgesellschaften er­reichten laut BVK 3,4 Mrd. Euro und gingen damit im Vergleich zum Rekordjahr 2021 mit 4,3 Mrd. Euro um 22 % zurück. Trotzdem war 2022 das bisher zweitbeste Investitionsjahr. Ebenso wurde der Durchschnitt der letzten fünf Jahre deutlich übertroffen. In der Frühphase (Seed, Start-up) sind die Investitionen sogar gestiegen.

203 Start-ups verkauft

Aufstrebende junge deutsche Firmen werden indes einer Studie zufolge immer häufiger von ausländischen Unternehmen übernommen. Im Jahr 2022 seien 203 Start-ups in neue Hände übergegangen – so viel wie noch nie, ergab sich aus einer am Donnerstag veröffentlichten Erhebung der Beratungsfirma EY. Bei zwei Dritteln säßen die neuen Eigentümer im Ausland. Dabei hätten europäische Investoren (78 Übernahmen) erstmals die USA (53 Deals) von der Spitzenposition verdrängt. Zu den bekannteren Übernahmezielen des vergangenen Jahres zählt der Lebensmittellieferant Gorillas, der vom türkischen Rivalen Getir geschluckt wurde.

Laut Mark Schmitz, stellvertre­tender BVK-Vorstandssprecher und Vorstand der Equation AG, hat sich nach dem herausragenden Jahr 2021 „der deutsche Venture-Capital-Markt 2022 recht robust gezeigt“: „Der Investitionsrückgang ist auf die Later Stage-Phase zurückzuführen, wo vor allem internationale VCs etwa aus den USA deutlich weniger investiert haben und deshalb auch die Anzahl sehr großer Finanzierungsrunden gesunken ist“, erläutert Schmitz.

Da wegen der schwächelnden Konjunktur ein Börsengang als Ausstiegsmöglichkeit für Wagniskapitalgeber und Finanzinvestoren laut EY ausgeschieden ist, seien Übernahmen in den Mittelpunkt gerückt, ­sagte Thomas Prüver, Partner bei ­der Unternehmensberatung. „Hinzu kam: Einige Jungunternehmen, die Probleme hatten, frisches Kapital zu erhalten, wurden zu Übernahmekandidaten.“ Daher sei der Rekordwert von 2021 noch einmal übertroffen worden. Vor allem in den Bereichen Software und E-Commerce seien Konsolidierungen zu beobachten gewesen.

Trotz des gesamtwirtschaftlichen Gegenwinds konnten auch 2022 einige Finanzierungsrunden im dreistelligen Bereich erfolgreich abgeschlossen werden, wie zum Beispiel durch den Online-Broker Trade Republic, die Personalsoftwarefirma Personio, den Steuerberater Taxfix, die Softwarefirma Celonis, den Versicherer Wefox, Razor Group, 1Komma5 oder Forto. Hier haben Beteiligungsgesellschaften substanziell investiert. 625 Start-ups und junge Unternehmen und damit 71% aller im Jahresverlauf mit Beteiligungskapital finanzierten Unternehmen erhielten damit Venture Capital. „Der deutsche Venture-Capital-Markt und damit die Finanzierungsmöglichkeiten für deutsche Start-ups und junge Wachstumsunternehmen haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert“, bilanziert Schmitz vom BVK.

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