Geldpolitik

Fed steuert auf Tapering-Debatte zu

Schon in der nächsten Sitzung könnte es zu einer Entscheidung über das Anleihenprogramm kommen. Bei der EZB zeichnet sich eine andere Lage ab.

Fed steuert auf Tapering-Debatte zu

ms Frankfurt

Die US-Notenbank Fed steuert auf eine baldige Debatte über ein Abschmelzen der beispiellosen Anleihekäufe gegen die Folgen der Coronakrise zu. Fed-Vizechef Richard Clarida sagte nun in einem Interview, in einer der kommenden Sitzungen könne der Zeitpunkt dafür gekommen sein. Im Gegensatz dazu sprach sich EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta ebenfalls in einem Interview gegen eine baldige Drosselung der EZB-Anleihekäufe aus – womit er sich einreihte in eine Riege Euro-Notenbanker, die vor voreiligen Schritten gewarnt haben.

EZB vor heikler Sitzung

Damit wandeln die beiden wichtigsten Zentralbanken zunehmend auf unterschiedlichen Pfaden. In der Hochphase der Pandemie hatten sowohl die Fed als auch die EZB zu beispiellosen Zinssenkungen und Anleihekäufen gegriffen, um die Jahrhundertrezession abzumildern. Nun lassen die Volkswirtschaften den Krisenmodus zunehmend hinter sich, wobei sich die US-Wirtschaft dank enormer Fiskalhilfen gar zur globalen Konjunkturlokomotive gemausert hat. Euroland hinkt da hinterher.

Für die EZB, die Mitte Juni vor einer heiklen Zinssitzung steht, ist das in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Ein vergleichsweise strafferer Kurs der Fed sollte tendenziell den Dollar stützen und den Euro schwächen – was der Euro-Wirtschaft generell zugutekommt. Zugleich besteht aber stets die Gefahr, dass steigende Anleiherenditen aus den USA in den Euroraum schwappen – was der EZB mit Blick auf die Finanzierungsbedingungen für die Euro-Wirtschaft Sorgen bereitet. Zudem zeichnen sich auch in der Eurozone zunehmende Exitdebatten ab, wenn sich das Infektionsgeschehen weiter beruhigt und die Wirtschaftserholung Fahrt aufnimmt.

„Es kann durchaus sein“, dass „wir in den kommenden Meetings an dem Punkt angelangt sind, an dem wir beginnen können zu diskutieren, das Tempo des Kaufs von Vermögenswerten zu reduzieren“, sagte Clarida am Dienstag in einem Interview mit Yahoo! Finance. Das werde vom Datenfluss abhängen. Derzeit kauft die Fed monatlich Anleihen im Wert von 120 Mrd. Dollar. Zwar war bereits aus den Protokollen der April-Sitzung hervorgegangen, dass eine Reihe von Währungshütern laut über ein solches „Tapering“ nachdenkt. Als Fed-Vize gilt Clarida aber als besonders einflussreich und entsprechend sorgten seine Worte für Aufsehen. Clarida untermauerte am Dienstag aber auch erneut, dass die Fed den jüngsten Inflationsanstieg als temporär ansieht. Im April war die US-Teuerung auf 4,2% hochgeschnellt. Die Fed strebt 2% an.

In der EZB dagegen bemühen sich immer mehr Notenbanker, Spekulationen über eine baldige Drosselung der Anleihekäufe zu dämpfen. Am Mittwoch äußerte sich auch EZB-Direktoriumsmitglied Panetta entsprechend. „Aus meiner Sicht rechtfertigen die Bedingungen, die wir heute sehen, es nicht, die Geschwindigkeit der Käufe zu verringern“, sagte Panetta der Nachrichtenagentur Nikkei. Auch sei es noch zu früh für eine Diskussion über ein Auslaufenlassen des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP. PEPP hat ein Volumen von 1,85 Bill. Euro.

Die EZB hatte erst im März beschlossen, das Tempo der PEPP-Käufe im zweiten Quartal zu erhöhen. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter ist für den 10. Juni geplant. Einige Notenbanker wie der Niederländer Klaas Knot haben damit geliebäugelt, das Tempo dann wieder zu drosseln, und sie denken auch über das PEPP-Ende nach.

Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der französischen Investmentbank Natixis, warnte die EZB am Mittwoch davor, die PEPP-Käufe jetzt bereits zurückzufahren. „Dann würde das Risiko bestehen, dass die Marktzinsen deutlich ansteigen“, sagte Schumacher bei einer virtuellen Diskussionsrunde im The Early Editors Club (TEEC). Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, prognostizierte, dass der Ausstieg aus den EZB-Hilfen in jedem Fall „sehr lange dauern“ werde. Beide zeigten sich zuversichtlich, dass der jüngste starke Inflationsanstieg nur vorübergehend sein werde.