Wirtschaftsforschungsinstitute

Klatsche für die Wirtschaftspolitik der Ampel

Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben in ihrer neuen Gemeinschaftsdiagnose ihre Prognosen für das diesjährige Wirtschaftswachstum deutlich gesenkt. Die Forscher monieren die hohe politische Unsicherheit, ausgelöst insbesondere durch die Energie- und Klimapolitik der Regierung.

Klatsche für die Wirtschaftspolitik der Ampel

Klatsche für Wirtschaftspolitik der Ampel

Forschungsinstitute: Vor allem Energie- und Klimapolitik schürt Unsicherheit – Warnung vor Anstieg extremen Gedankengutes

Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben in ihrer neuen Gemeinschaftsdiagnose ihre Prognosen für das diesjährige Wirtschaftswachstum deutlich gesenkt. Die Forscher monieren die hohe politische Unsicherheit, ausgelöst insbesondere durch die Energie- und Klimapolitik der Regierung.

ahe Berlin

Die Politik der Bundesregierung verunsichert nach Einschätzung der fünf führenden deutschen Wirtschaftsinstitute sowohl Unternehmen als auch Haushalte massiv. „Dies erschwert ökonomische Planungen und trägt dazu bei, dass die Konjunktur nicht zügig aus dem Abschwung herausfindet“, heißt es in der neuen Gemeinschaftsdiagnose der Institute, die am Donnerstag veröffentlicht wurde. In dieser wird für 2023 nicht mehr ein leichtes Wachstum von 0,3% in Aussicht gestellt wie noch im April, sondern ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,6%. Als wichtigsten Grund führen die Forscher an, dass sich die Industrie und der Konsum langsamer erholen als noch im Frühjahr erwartet. So habe sich etwa die Stimmung in den Unternehmen zuletzt erneut verschlechtert.

Gegen Industriestrompreis

Der Vizepräsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Oliver Holtemöller, verwies bei der Vorstellung des gemeinsamen Gutachtens insbesondere auf die Energie- und Klimapolitik der Ampel-Koalition mit ihren kleinteiligen Regelungen, wie zuletzt auch beim Gebäudeenergiegesetz gesehen. Wenn dieser Kurs so fortgesetzt werde, anstatt auf das effiziente Instrument eines einheitlichen CO2-Preises zu setzen, werde die Energiewende letztendlich nur teuer, warnte er. Die Forschungsinstitute lehnten auch die Einführung des aktuell kontrovers diskutierten Industriestrompreises ab. Die Probleme auf dem Strommarkt seien Kapazitätsprobleme. Ein Industriestrompreis würde die Nachfrage nach Strom nur noch weiter erhöhen.

Holtemöller forderte, den Emissionshandel systematisch weiter auszubauen. Die Schaffung eines einheitlichen CO2-Preises bezeichnete er als „Königsweg“ in der Energie- und Klimapolitik. Mögliche Produktionsverlagerungen der energieintensiven Industrien ins Ausland wären für Holtemöller „kein Weltuntergang“. Es gehe darum, den Strukturwandel zuzulassen. Timo Wollmershäuser vom Münchener Ifo-Institut verwies darauf, dass bislang nicht zu erkennen sei, dass andere Industrien in Deutschland darunter leiden würden, wenn sie Vorprodukte künftig aus dem Ausland beziehen müssten. Und Stefan Kooths vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) ergänzte, es müsse für die Bundesregierung jetzt darum gehen, den Standort zu stärken. Dazu gehöre aber nicht, nicht mehr wettbewerbsfähige Industrien unbedingt im Land halten zu wollen.

Besorgt zeigen sich die Ökonomen über das veränderte politische Klima im Land und darüber, dass sich extremes Gedankengut in der Gesellschaft ausbreite. Derzeit gerate etwas in Gefahr, das bis vor kurzem in Deutschland als selbstverständlich galt – ein gesellschaftliches Klima, welches Haushalten und Unternehmen das Vertrauen gebe, dass die Grundregeln unserer Gesellschaft allgemein akzeptiert würden und dass diese Regeln deshalb auch in Zukunft Bestand hätten.

Keine weitere Zinserhöhung

Extremes Gedankengut von rechts wie links gewinne an Boden, das den Respekt vor allen Mitmenschen und vor dem Eigentum sowie der Handlungsfreiheit anderer infrage stelle. „Mögen die unmittelbaren Konjunkturrisiken dieser Tendenz auch begrenzt sein, so gehen von ihr doch erhebliche Risiken für die langfristigen Wachstums- und Wohlstandsaussichten aus“, warnte Holtemöller etwa mit Blick auf migrationsfeindliche Einstellungen.

Für 2024 senkten die Wirtschaftsforscher ihre BIP-Prognose nur um 0,2 Prozentpunkte auf ein Plus von 1,3%. Die Kaufkraft kehre zurück, hieß es. Für 2025 werden dann 1,5% Wachstum in Aussicht gestellt. Die Inflationsrate dürfte der neuen Gemeinschaftsdiagnose zufolge dieses Jahr bei 6,1% liegen, 2024 dann deutlich auf 2,6% und 2025 weiter auf 1,9% sinken. Eine weitere Zinserhöhung wird vorerst nicht erwartet.