US-Geldpolitik

US-Zinswende ist nun abzusehen

In den Reihen der US-Notenbank wachsen die Sorgen um höhere Inflation. Mit höheren Zinsen ist nun spätestens ab 2023 zu rechnen, vorher würde die Fed beginnen, ihre Anleihekäufe zurückzufahren.

US-Zinswende ist nun abzusehen

det Washington

Konkrete Beschlüsse hat die US-Notenbank bei der jüngsten Sitzung ihres Lenkungsgremiums zwar nicht gefasst. Sie hat aber die bisher deutlichsten Hinweise darauf gegeben, dass spätestens im kommenden Jahr eine Wende in der Geldpolitik anstehen könnte. „Man könnte sagen, dass es sich um jene Sitzung handelte, bei der wir begannen, über Tapering zu sprechen“, sagte der Fed-Vorsitzende Jerome Powell bei seiner anschließenden Pressekonferenz. Denn bei einer klaren Mehrheit der FOMC-Mitglieder hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass höhere Inflation mittlerweile ein ernstzunehmendes Risiko darstellt.

Wie in der Abschlusserklärung der zweitägigen Sitzung betont wurde, hat sich die Wirtschaft als Folge mehrerer Stimulusprogramme und der großen Fortschritte der Impfaktionen kräftig erholt. Der wachsende Konjunkturoptimismus schlägt sich auch in den neuen Wachstumsprognosen nieder. So wurde für das laufende Jahr die erwartete Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ge­genüber März von 6,5 auf 7,0% an­gehoben. Dennoch betonte Powell, dass „substanziellen Fortschritte“ bei der Erfüllung des dualen Mandats der Vollbeschäftigung und Preisstabilität, die es zu erzielen gilt, noch in weiter Ferne liegen.

Die wiederholte Anspielung auf „substanzielle Fortschritte“ gilt insbesondere dem Arbeitsmarkt. Zwar gab die Erwerbslosenquote im Mai von 6,1 auf 5,8% nach, ist aber noch weit von dem angestrebten Vorkrisenniveau entfernt. Im Februar 2020 hatte die Quote bei 3,5% gelegen, ein Niveau, das nach den neuesten FOMC-Prognosen zu urteilen erst 2023 erreicht sein wird. Zudem unterlagen die Neueinstellungen während des vergangenen Dreivierteljahres erheblichen Schwankungen. Die Volatilität wird auch von den Erstanträgen auf Arbeitslosengeld unterstrichen, die vergangene Woche überraschend um 37000 auf 412000 stiegen und damit den höchsten Stand seit einem Monat erreichten.

Wachsende Inflationssorgen

Deutlich zugenommen hat bei den Notenbankern die Sorge um höhere Inflation. Zwar bekräftigte Powell seine Überzeugung, dass der wachsende Preisdruck nur temporär sei. Sobald sich der Arbeitsmarkt weiter erholt habe und Angebotsengpässe überwunden seien, werde die Teuerungsrate zwar „einige Zeit moderat das Inflationsziel von 2% überschreiten“, sich langfristig aber um 1,8% einpendeln. Die höheren Inflationserwartungen schlagen sich ebenfalls in den neuen Prognosen nieder. So sagt das FOMC für dieses Jahr einen Anstieg des PCE-Preisindex um 3,4% voraus. Im März war noch eine Rate von 2,4% unterstellt worden.

Folglich meinen mittlerweile 13 der 18 FOMC-Mitglieder, unter ihnen sämtliche regionalen Fed-Präsidenten, dass die Notenbank 2023 wieder beginnen wird, den Leitzins zu erhöhen. Diesen hatte die Fed im März letzten Jahres auf Null gesenkt. Sieben der Fed-Gouverneure halten sogar für möglich, dass das Gremium schon im kommenden Jahr beginnen wird, an der Zinsschraube zu drehen. Vor nur drei Monaten galt ein solcher Schritt noch als undenkbar. Dem würde auf jeden Fall ein Abschmelzen der monatlichen Anleihekäufe vorausgehen. Einen konkreten Zeitpunkt dafür stellte Powell nicht in den Raum, versicherte aber erneut, dass man einen solchen Schritt mit entsprechendem Vorlauf deutlich signalisieren werde.