Investmentfonds

Das verstetigte Fondsgeschäft

Die deutschen Fondsgesellschaften schlagen sich im derzeit herausfordernden Umfeld wacker. Dafür sorgen auch strukturelle Veränderungen im Vertrieb.

Das verstetigte Fondsgeschäft

Die Bäume wachsen zwar nicht in den Himmel, aber die Lage der deutschen Fondsbranche ist angesichts des Krisenumfelds, auch im Vergleich zu den Assetmanagern anderer europäischer Länder, mehr als zufriedenstellend. Ohnehin hatten nach dem Rekordjahr 2021 sowie dem jahrelangen Aufwärtstrend der vergangenen Jahre alle Beteiligten mit einer Normalisierung und deutlichen Rücksetzern gerechnet – zumal die Trendwende in der Geldpolitik bevorstand. Vor dem Hintergrund der Börsenturbulenzen durch den Ukraine-Krieg, der hochgeschossenen Inflation und der beschleunigten Zinsanhebungen der Währungshüter hätte es in früheren Jahren hierzulande aber viel heftigere Rückschläge im Fondsgeschäft gegeben, als es dieses Mal zu beobachten ist. In der internationalen Statistik des europäischen Fondsverbands Efama zeigt sich per Ende Juni somit ein ungewohntes Bild: Während viele Länder in Europa Mittelabflüsse bei offenen Fonds zu beklagen haben (europaweit –89 Mrd. Euro), stand Deutschland im zweiten Quartal mit großem Abstand an der Spitze der ganz wenigen Länder mit Zuflüssen (+18 Mrd. Euro). Die erfreuliche Lage bestätigen Anbieter auch für die Sommermonate. Insbesondere das Privatkundengeschäft zeigt sich im Vergleich zu den früheren Börsenturbulenzen überraschend stabil.

Nun könnte man argumentieren, dass die Fondsbranche Teil der Finanzindustrie ist, die dieses Mal eben nicht im Zentrum der Krise steht wie die Male zuvor, sondern aktuell Energiefirmen gerettet werden müssen. Tatsächlich ist die Lage der deutschen Banken überraschend erfreulich angesichts der düsteren Prognosen für die deutsche Wirtschaft. Doch diese Erklärung springt zu kurz. Es gibt durchaus andere Faktoren, die das Fondsgeschäft stabilisieren. Zunächst einmal hat die lange Zeit der Niedrig- bis Strafzinsen bei Bankeinlagen dafür gesorgt, dass die Privatkunden für sich die Wertpapiere (wieder-)entdeckt haben. Dabei hat auch die nicht enden wollende Börsenrally die Lust auf Aktien und Fonds geschürt. Die neue Lovestory zwischen Deutschen und Wertpapieren wurde aber auch dadurch entfacht, dass im Vertrieb insbesondere der Sparkassen und Kreditgenossen stark auf Fondssparpläne gesetzt wurde, wodurch monatlich überschaubare Beträge investiert werden. Im Schnitt legen etwa die Privatkunden von Union Investment monatlich auf diese Weise 170 Euro neu in Fonds an. An diesen kleinen und monatlich automatisch abgebuchten Betrag denkt man vermutlich nicht als Erstes, wenn angesichts explodierter (Energie-)Preise nach Einsparmöglichkeiten gesucht wird. Insofern verweist auch die DekaBank auf die stabilisierenden Elemente der Sparpläne im Privatkundengeschäft. Mehr als 7 Millionen Sparpläne zählt das Wertpapierhaus der Sparkassen, mehr als 6 Millionen der genossenschaftliche Assetmanager. Auch bei der DWS weiß man die Fondssparpläne im Vertrieb von Deutscher Bank, Postbank und der Vertriebspartner zu schätzen. Zumal das ratierliche Fondssparen in volatilen Zeiten auch den Frust erspart, mit einer Einmalanlage von 10 000 Euro in solch volatilen Börsenzeiten von jetzt auf gleich signifikant rote Zahlen im Depot ertragen zu müssen.

Der stetige Geldzufluss eines Sparplans lässt Vergleiche von Einstiegskurs und aktuellem Niveau einzelner Fondsanteile kaum noch zu. Positiv betrachtet: Die für Privatanleger frustrierende Suche nach dem richtigen Einstiegs- oder Ausstiegszeitpunkt erübrigt sich. Zudem scheint sich allmählich bei Privatkunden die Erkenntnis durchzusetzen, dass Wertpapiere langfristig betrachtet werden und kurzfristige Kursschwankungen ausgeblendet werden müssen. Für die Fondsanbieter ist die Stabilität im Privatkundengeschäft umso erfreulicher, liefert dieses Segment doch weitaus höhere Gebühren als das institutionelle Geschäft. Und die Tatsache, dass die Inflation hochgeschossen ist, lässt trotz der Rückkehr von Positivzinsen auf Spareinlagen den Realzins noch lange im negativen Terrain verharren. Dies wird den Bankvertrieben noch lange Zeit reichlich Argumente für Wertpapiere liefern.

Das institutionelle Geschäft wiederum, das größtenteils über Spezialfonds läuft, läuft stetig, wenn auch schwächer als im Vorjahr – wie zu erwarten war nach dem Rekordjahr. Die sprudelnden Beitragseinnahmen von Versicherern oder Altersvorsorgeanbieter sorgen für permanenten Anlagedruck. Zu beobachten waren allenfalls Rückgaben von institutionellen Geldern bei Publikumsfonds, um einen kurzfristigen Liquiditätsbedarf zu decken, was wiederum punktuell für Abflüsse bei Publikumsfonds in den vergangenen Monaten gesorgt hat. Vorausgesetzt also, auf der Welt kommt es nicht noch zu einer weiteren unerwarteten Katastrophe, können die Fondsgesellschaften mit Zuversicht nach vorn blicken.

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