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IT-Sicherheits­branche vor Milliardendeal

Das Übernahmefieber hat nun auch die Antiviren-Software-Hersteller erfasst. Nortonlifelock interessiert sich für die tschechische Avast, die einst den Rivalen McAfee abblitzen ließ.

IT-Sicherheits­branche vor Milliardendeal

hip London

Der Antiviren-Software-Hersteller Nortonlifelock (zuvor Symantec) will den tschechischen IT-Sicherheitsexperten Avast übernehmen. Wie die FTSE-100-Gesellschaft mitteilt, befindet sie sich in fort­geschrittenen Verhandlungen mit dem US-Wettbewerber. Dem „Wall Street Journal“ zufolge könnte Avast bei einem Deal mit bis zu 8 Mrd. Dollar bewertet werden. Der Pflichtveröffentlichung zufolge könnte ein Angebot in Aktien mit einer Barkomponente erfolgen.

Allerdings lasse sich noch nicht sagen, ob überhaupt eine Transaktion stattfinden werde. Er verstehe, dass die Mitteilung Ungewissheit hervorrufen könne, schrieb CEO Ondrej Vlcek den „Avastianern“. Man werde Updates liefern, sobald das unter den Bestimmungen des Übernahmerechts möglich sei.

Avast (zuvor Alwil) ließ 1997 bereits den Norton-Rivalen McAfee abblitzen. Nach britischem Übernahmerecht hat Nortonlifelock nun bis zum 11. August Zeit, eine Offerte vorzulegen. Die 1988 von Eduard Kucera and Pavel Baudis gegründete Avast lässt sich von UBS und J.P. Morgan beraten. Das Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren von einem traditionellen Hersteller von Antiviren-Software zu einem breit aufgestellten Anbieter von Produkten für IT-Sicherheit, den Schutz der Privatsphäre und eine bessere Performance entwickelt. AVG Technologies, Piriform und HMA sind Töchter von Avast.

IT-Sicherheitsfirmen haben angesichts der jüngsten Welle von Cyberattacken und des Trends zum Arbeiten von Zuhause aus eine steigende Nachfrage nach ihren Diensten verzeichnet. In den USA machte der Solarwinds-Angriff, bei dem Hacker bösartigen Code in einem Update einer weit verbreiteten Netzwerk-Management-Software versteckten, ebenso Schlagzeilen wie die Attacken auf die Colonial-Pipeline und den Fleischverarbeiter JBS. Ransomware-Attacken, bei denen Kriminelle Teile der Festplatte verschlüsseln und „Lösegeld“ von den Nutzern verlangen, haben epidemisches Ausmaß angenommen.

Der Umsatz von Avast stieg im ersten Quartal um ein Zehntel auf 237 Mill. Dollar.

Mehr Auslandsgeschäft

Nortonlifelock böte eine Übernahme der Gesellschaft die Möglichkeit, das Geschäft außerhalb der Vereinigten Staaten zu stärken. Zwar verfügt das Unternehmen über ein internationales Geschäft, doch ist es in den USA am stärksten. Auf den Märkten in Europa, Asien und Afrika geben dagegen regionale Akteure wie Avast den Ton an.

Im vergangenen Jahr hatte das weltweite Kundenwachstum der tschechischen Firma bei 7,9 % gelegen. Dabei gab es große regionale Unterschiede. In den Zielmärkten verzeichnete sie zweistelliges Wachstum – in Südostasien 24 %, in Brasilien 19 % und in Mexiko 33 %. Avast hat nach eigenen Angaben mehr als 435 Millionen Nutzer, von denen die meisten noch das kostenlose Produkt verwenden. Das liefert eine umfangreiche Kundenkartei, die für die kostenpflichtige Version gewonnen werden kann.

Nortonlifelock ging aus dem Verbrauchergeschäft des Antiviren-Software-Herstellers Symantec hervor, nachdem Broadcom von zwei Jahren das Unternehmenskundengeschäft für knapp 11 Mrd. Dollar übernommen hatte. Bei der Namensgebung griff man auf Lifelock zurück, eine auf den Schutz vor Identitätsdiebstahl spezialisierte Firma, die Symantec 2016 gekauft hatte.