Finanzmärkte

Euro kratzt erstmals seit 20 Jahren an der Parität zum Dollar

Der Euro hat am Dienstag erstmals seit rund 20 Jahren an der Parität zum Dollar gekratzt. Krisensignale kamen auch von den Staatsanleihemärkten, wo die Renditen erneut deutlich fielen.

Euro kratzt erstmals seit 20 Jahren an der Parität zum Dollar

kjo Frankfurt

Der Euro hat am Dienstag erstmals seit rund 20 Jahren an der Parität zum Dollar gekratzt. Bis auf 1,0001 Dollar ging es herunter. Später erholte sich die Gemeinschaftswährung aber – abends wurde sie zu 1,0063 Dollar gehandelt und notierte damit 0,2% fester als am Vortag. Die Gemeinschaftswährung steht seit geraumer Zeit unter Druck. Zur Begründung für die Stärke des Greenback führen Händler an, dass die US-Notenbank Fed die Leitzinsen bereits kräftig erhöht hat, während eine Anhebung durch die Europäische Zentralbank noch bevorsteht.

An den Märkten wird dies als Krisensignal gesehen. Mehr und mehr stellen sich Marktakteure darauf ein, dass die höheren Leitzinsen in den USA, aber auch demnächst seitens der EZB die Volkswirtschaften erheblich in Mitleidenschaft ziehen werden. Viele Volkswirte und Investoren halten eine Rezession in den kommenden Monaten für wahrscheinlich. Die Leitzinserwartungen werden mittlerweile wieder zurückgenommen. Erste Finanzhäuser wie etwa Nomura erwarten, dass es bereits im kommenden Jahr zu Leitzinssenkungen seitens der Fed kommen wird, um der Wirtschaft unter die Arme zu greifen.

Von den Staatsanleihemärkten der Eurozone kamen ebenfalls Krisensignale. Die Renditen legten abermals den Rückwärtsgang ein. Die zehnjährige Bundrendite nahm Kurs auf die Marke von 1%, bis auf 1,09% ging es herunter nach 1,25% tags zuvor. Auch in der Peripherie der Eurozone gingen die Renditen nach unten; so fiel etwa die zehnjährige Italienrendite bis auf 3,17% nach 3,30% am Vortag. Abends lag der Satz bei 3,22%.

Aus Furcht vor einer Rezession standen im Tagesverlauf auch Aktien nicht in der Gunst der Anleger. Der Dax verlor bis auf 12655 Zähler, erholte sich dann später aber auf 12905 Punkte (+0,6%). Der Euro Stoxx 50 schloss mit 3478 Zählern (+0,4%). Dass die Wirtschaft unter Druck steht, bestätigte auch der ZEW-Index. Die Konjunkturerwartungen für Deutschland lagen im Juli per saldo nur noch bei −53,8 Punkten und damit deutlich unter dem erwarteten Wert von −38,3 Zählern.

Auch weitere Lockdowns wegen des Ausbruchs einer hochansteckenden Corona-Untervariante in China trübten die Konjunkturaussichten ein. Mehrere chinesische Städte erließen bereits neue Coronabeschränkungen, um die Ausbreitung der Virusvariante zu verhindern. Marktteilnehmer rechnen deshalb mit einer schwächeren Nachfrage nach Kraftstoffen. So standen die Notierungen von Rohöl der Nordseesorte Brent Crude sowie US-Leichtöl der Sorte West Texas Intermediate unter Druck; die Preise fielen bis zum Abend um 6,7% auf 99,93 Dollar sowie um 7,2% auf 96,59 Dollar pro Barrel. Die Nachfragesorgen der An­leger und der im Verlauf starke Dollar setzten auch Industriemetallen wie Kupfer zu. Der Preis fiel um bis zu 2,7% auf 7376 Dollar je Tonne.

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