Umfrage

Staatsfonds halten mehr als doppelt so viel Cash

Staatsfonds haben einer aktuellen Umfrage zufolge im Pandemiejahr 2020 ihre Barbestände mehr als verdoppelt. Viele Regierungen entnahmen Mittel, um Ausgaben zu finanzieren oder Defizite auszugleichen.

Staatsfonds halten mehr als doppelt so viel Cash

hip London

Mehr als ein Drittel der von Invesco beobachteten Staatsfonds ist im Pandemiejahr 2020 von ihren Regierungen um finanzielle Mittel angegangen worden. „Angesichts der haushaltspolitischen Herausforderungen, vor denen sie gestanden haben, haben die Regierungen die Staatsfonds angezapft, um ihre Ausgabendefizite zu schließen“, sagt Rod Ringrow, Head of Official Institutions bei dem Assetmanager. „Einige Fonds waren darauf gut vorbereitet, andere mussten kurzfristige Maßnahmen ergreifen, um Liquidität zu gene­rieren.“

Dabei unterschied sich das Ausmaß der Mittelabrufe je nach Welt­region. Mehr als die Hälfte (57 %) der Fonds im Nahen Osten und 82 % in den Schwellenländern verzeichneten Entnahmen, die vor allem im Zusammenhang mit ihren überwiegend rohstoffbasierten Volkswirtschaften standen. In den asiatischen und westlichen Märkten wurde etwa ein Fünftel der Staatsfonds von der jeweiligen Regierung angegraben. Viele dieser Fonds sprangen der Umfrage zufolge ein, um Unternehmen zu unterstützen, die andernfalls Schwierigkeiten gehabt hätten, im Pandemieumfeld eine Finanzierung zu erhalten.

Den Staatsfonds sei bewusster geworden, wie wichtig es sei, ausreichende Liquiditätsreserven zu haben, um kurzfristig aktiv werden zu können, wenn sich neue Marktchancen eröffnen, sagt Ringrow. Der alljährlichen Umfrage des Vermögensverwalters zufolge verdoppelten die staatlichen Investmentvehikel ihre Barbestände von 4  auf 9 % des Anlagevolumens – nicht nur als Puffer für ähnliche unvorhersehbare Risikoereignisse, sondern auch um ausreichend flexibel zu sein, wenn sich Marktchancen bieten, wie zum Beispiel bei der Aktienmarktrally Anfang vergangenen Jahres.

Die Anleihenquote fuhren sie dagegen mit Blick auf das anhaltende Niedrigzinsumfeld von 34 auf 30 % zurück. Dahinter standen auch Zweifel daran, ob Anleihen der ihnen traditionell zugeschriebenen Rolle, das Portfoliorisiko zu mindern, noch gerecht werden. Immerhin 62 % stimmten der Aussage zu, sinkende Renditen führten dazu, dass Fixed-Income-Anlagen in einem Risk-off-Umfeld nicht mehr als „natürlicher Puffer“ wirken. Die Aktienquote stieg unterdessen von 26 auf 28 %, nachdem sie drei Jahre lang gesunken war. Geht man indes ein paar Jahre zurück, zeigt sich, dass sich die Allokation an illiquide alternative Anlagen wie Hedgefonds seit 2015 mehr als verdoppelt hat – von 9  auf 19 %.

Chancen im Klimawandel

Fast ein Viertel (23 %) der Staatsfonds und 45 % der Zentralbanken orientieren sich infolge der Pandemie stärker an ESG-Kriterien. Damit hat in Bezug auf nachhaltiges Investieren ganz offensichtlich ein Umdenken stattgefunden – 2017 hatten sich einige Staatsinvestoren noch wenig gewillt gezeigt, überhaupt ESG-Kriterien zu berücksichtigen, und schon gar nicht in einer Krise, in der andere Anliegen eine mindestens ebenso hohe Priorität haben. Nun betrachten immer mehr von ihnen ESG-Investitionen als Möglichkeit, höhere Renditen zu erzielen. 57 % sind der Ansicht, dass der Markt die langfristigen Auswirkungen des Klimawandels noch nicht eingepreist hat und sich dadurch Chancen für Mehrerträge eröffnen.

Die größten Sorgen machte den Staatsinvestoren die Pandemie (genannt von 82 %), gefolgt von Klimawandel­ (62 %) und Niedrigzinsumfeld (58 %). Der Brexit (30 %) rangiert dagegen ähnlich wie die weltweite Vermögensungleichheit (26 %) unter ferner liefen. Befragt wurden 141 Anlagechefs und Strategen von 82 Staatsfonds und 59 Zentralbanken, die ein Vermögen von insgesamt­ rund 19 Bill. Dollar verwalten.