Derek Sammann, CME Group

„Wir haben eine Menge Anrufe bekommen“

Das Chaos am Nickelmarkt der London Metal Exchange im März hat der CME Group steigende Volumina beschert. Der Chef des Rohstoffgeschäfts der Terminbörse erklärt, wie Anlegerschutz dort verstanden wird.

„Wir haben eine Menge Anrufe bekommen“

Andreas Hippin.

Herr Sammann, wie läuft das Geschäft mit Metall-Futures?

Sehr, sehr gut, wir gewinnen weiter Marktanteile bei Kupfer. Und wir nähern uns dem Punkt, an dem wir in das Wachstum unserer Präsenz am Aluminiummarkt investieren. Wir haben uns darauf konzentriert, mehr Teilnehmer an den Markt für Aluminium-Futures zu bringen. Das ergibt sich aus unserem Erfolg bei Kupfer. Kunden haben uns nach den Schwierigkeiten der London Metal Exchange (LME) im März gefragt, wie sie mehr Geschäft an die Comex verlegen können, ob es sich um Aluminium, Kupfer oder anderes handelt.

Was halten Sie von den Vorgängen am Londoner Nickelmarkt?

Ich kann zu dem, was dort passiert ist, nichts sagen. Aber für unsere Kunden und uns hat das die Wichtigkeit der Risikomanagementinstrumente, über die wir verfügen, bekräftigt. An unseren Märkten gibt es Volatilitätsunterbrechungen (Circuit Breakers), und Preisbewegungen werden genau verfolgt (Velocity Logic), um solche Kursbewegungen zu verlangsamen. Positionsobergrenzen sind unverzichtbar, um gut regulierte, gut funktionierende Märkte zu betreiben.

Wie sieht das bei Ihnen aus?

Bei uns gibt es Positionsobergrenzen für den Spot-Monat und den Monat, dessen Ablaufdatum am weitesten in der Zukunft liegt. Wir haben aggregierte Obergrenzen für die Zahl der Positionen, die man eingehen kann. Wir erlauben auch keinem Marktteilnehmer, einen übermäßigen Anteil an den insgesamt ausstehenden Terminkontrakten für einen Basiswert (Open Interest) zu halten. Auf diese Weise managen wir das Konzentrationsrisiko. Unser Clearinghaus managt zudem sehr aktiv die Marge, die wir für Kontrakte verlangen, wenn die Volatilität insgesamt zunimmt, ob nun in einer bestimmten Assetklasse oder auch in damit verbundenen Märkten. Damit haben wir vier Ebenen von Kontrollen zur Risikominderung in unseren Märkten.

Wirken sich die Probleme der LME auf Ihr Geschäft aus?

Uns hat das die Gelegenheit gegeben, über die Mechanismen zum Schutz der Kunden zu sprechen, die es bei uns gibt: Wie und warum sie funk­tionieren, wie sie die Kunden schützen, wie sie Volatilität und Preisfindung managen und verhindern, dass ein bestimmter Kunde einen übermäßigen Anteil an einem Markt ausmacht. Anlegerschutzmechanismen sind über alle unsere Märkte hinweg absolut entscheidend.

Bedeutet das, dass Geschäft von der LME an die Comex abwandert?

Ich kann nur sagen, was wir an unseren Märkten sehen. Und wir haben eine Zunahme des Volumens be­obachtet. Wir haben eine Menge Anrufe von Leuten bekommen, die wissen wollten, wie wir unsere Märkte betreiben, wie unsere Märkte reguliert werden. Ob es bei uns Positionsobergrenzen und all die anderen Dinge gibt, von denen man hört, dass die LME sie nun in Erwägung zieht. All das sind zen­trale Bestandteile unserer Anleger­schutzmaß­nahmen.

War oder ist der Brexit ein Problem für die CME?

Nein, überhaupt nicht, denn uns wurde bereits Äquivalenz unter den EU-Richtlinien gewährt. Die Frage, was das für europäische Kunden bedeutet, die unter der US-Jurisdiktion handeln, wurde im Juni 2016 geklärt. Seitdem hat sich an diesem Status nichts geändert. Wir arbeiten immer noch auf Basis der Äquivalenz.

Wenn ich an der CME handele, tätige ich die Transaktionen also in den USA?

Ja, wir sind eine US-Börse. Wir hatten ein europäisches Clearinghaus und eine europäische Börse. Wir haben das alles 2016, 2017 geschlossen. Der Markt hat uns klar zu verstehen gegeben, dass man sich mit der US-Regulierung wohlfühlt. Unsere Aufsicht hat die USA als äquivalente Jurisdiktion anerkannt. Vielleicht haben wir dadurch ein bisschen Geschäft aufgesammelt, einfach weil es ab Juni 2016 regulatorische Gewissheit gab. Märkte lieben regulatorische Gewissheit. Regulatorische Ungewissheit mögen sie nicht.

Haben Sie den Eindruck, dass die Regulierung in Europa zunehmen könnte?

Wir erwarten, dass sich die Regulierung weiterentwickeln wird. Hoffentlich wird der Abschluss einer Äquivalenzvereinbarung zwischen Großbritannien und der EU dabei sein. Sowohl in den USA als auch in Europa interessieren sich die Auf­seher zunehmend für neue Märkte wie Krypto und Emissionen, ins­besondere für den freiwilligen Emissionshandel.

Was sind das für Kryptoprodukte?

Wir haben einen Bitcoin-Future, der sich auf einen Referenzkurs bezieht, der aus den Daten von sechs Spot-Börsen ermittelt wird. Erfüllt werden die Kontrakte durch Barausgleich. Wir beschäftigen uns nicht mit Wallets, Cold Storage und all diesen Dingen. Wir haben ein „Micro“-Bitcoin-Produkt. Vor kurzem haben wir auch einen Ether-Future an den Start gebracht. Interessanterweise haben wir Kunden, die einen regulierten Handelsplatz für Bitcoin suchen.

Wer sind diese Kunden?

Kunden, die den Anlegerschutz einer zentralen Gegenpartei in einem gut regulierten Handelsplatz wollen. Wir wurden sowohl von der Buy-Side als auch von unseren Retail-Brokern ermutigt, die Produkte zu listen. Wir wollten sicher sein, dass sie die ganze Sicherheit gut regulierter Märkte bieten. Es ist eine interessante Gruppe von Retail- und institutionellen Kunden, die unsere Futures handeln. Manche sind sowohl am Cash- als auch am physischen Markt aktiv. Aber das ist nicht die Seite des Geschäfts, auf der wir tätig sind.

Was macht dieses Geschäft für Sie interessant?

Für uns ist das im Vergleich zum täglichen Handelsvolumen insgesamt ein kleines Geschäft. Aber es ist ein „Frontier-Geschäft“ mit interessanten Kunden, die sonst nicht unbedingt mit Futures aus unserer Welt handeln. Es ist eine Chance, Cross-Selling an diese Kunden zu betreiben und sie zum Handel unserer bestehenden Produkte zu ermutigen.

Gilt die aufsichtsrechtliche Äquivalenz für alle Produkte?

Ja, die deckt alles ab, was wir haben. Die Äquivalenzentscheidung der EU, unter der wir in Großbritannien tätig sind, gilt für alle unsere Börsen und für unser Clearinghaus, also die gesamte US-Infrastruktur. Kunden können an unserer US-Börse handeln und das Clearing in unserem US-Clearinghaus erledigen. Das wird von ihrem heimischen Regulierer als äquivalent betrachtet.

Man hört, dass Brüssel der Kryptobranche ein Ende bereiten will.

Wie bereits erwähnt, denken Aufsichtsbehörden hier und in den USA über Krypto nach. Es ist insgesamt viel los in der Branche. Wir als CME Group bieten Futures und Optionen auf Bitcoin und Ether, die Anlegern helfen können, Risiken zu managen.

Wie läuft das Geschäft in Deutschland? Gibt es starkes Wachstum?

Als Teil unseres EMEA-Volumenwachstums? Ich habe keine länderspezifischen Zahlen vorliegen. Wir weisen das nicht aus. Wir decken Deutschland durch unser Team in London ab.

Das Interview führte

BZ+
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