Margo Tank, DLA Piper

„Die Debatte dreht sich um Stablecoins“

In Bezug auf die Kryptoregulierung steht den US-Behörden nach Ansicht von Margo Tank, Partnerin bei der Kanzlei DLA Piper, eine komplexe Aufgabe bevor. Der Fokus werde stark auf Stablecoins liegen.

„Die Debatte dreht sich um Stablecoins“

Von Alex Wehnert, Frankfurt

In den USA ist zuletzt Bewegung in die Regulierung von Kryptowährungen und damit verbundenen Dienstleistungen gekommen. „Den Behörden steht aufgrund der vielschichtigen Natur von Cyberdevisen eine komplexe Aufgabe bevor“, sagt Margo Tank, US Co-Chair für den Finanzdienstleistungssektor sowie Co-Chair für finanzielle Regulierung und Technologie bei der Anwaltskanzlei DLA Piper.

„Digitale Token können auf verschiedene Arten genutzt werden, zum Beispiel als Transaktionsmedium, Investmentkontrakt oder Handelsobjekt. Dies kann zur Anwendung mehrerer regulatorischer Rahmenwerke führen, die sich in einigen Fällen überschneiden.“ Während die Bundessteuerbehörde IRS digitale Assets als Eigentumswerte behandle und entsprechend besteuere, entwickle das Finanzministerium ein Regelwerk, um den Einsatz von Kryptowährungen für Geldwäsche zu verhindern. Zugleich nehmen Marktregulatoren wie die Commodities Futures Trading Commission und die Börsenaufsicht SEC den Handel mit Cyberdevisen unter die Lupe.

„Interessanter ist noch, dass sich das Wesen eines Kryptotokens und die Zuständigkeit, unter die es fällt, im Lauf der Zeit ändern können“, führt Tank aus. So gebe es Ausnahmefälle, in denen ein Emittent die Ausgabe neuer digitaler Assets nicht bei der SEC registrieren müsse. Nach der Emission gelangten die Assets jedoch an den Markt und würden zu Transaktionsmedien oder Geldanlagen. Somit sei für sie auch eine andere Form der Regulierung notwendig.

Bisher ist die Krypto- und Blockchain-Regulierung in den USA langsamer vorangeschritten als in kleineren Märkten. Neben Überschneidungen in der Zuständigkeit verschiedener Behörden macht Tank dafür auch Verwirrung darüber verantwortlich, ob neue Gesetze überhaupt notwendig seien, um bestimmte Arten von Kryptotransaktionen zu ermöglichen. „Mehrere Staaten haben ihre eigenen Gesetze für Blockchain-basierte Dienstleistungen verabschiedet, obwohl auf Bundesebene bereits entsprechende Regeln bestanden“, kommentiert die Rechtsexpertin.

Die Koexistenz des Electronic Signatures in Global and National Commerce Act (Esign) und des Uniform Electronic Transactions Act (UETA) sei dafür ein Beispiel. Beide hätten ein Regelwerk für elektronische Datensätze und die Implementierung von Smart Contracts ge­schaffen. Dabei handelt es sich um Computerprotokolle, die Verträge abbilden sowie Transaktionen automatisiert ausführen können. Doch während der Kongress Esign im Jahr 2000 als Bundesgesetz verabschiedet habe, sei UETA mit dem Ziel eingeführt worden, die Gesetzgebungen der einzelnen Bundesstaaten miteinander in Einklang zu bringen.

Furcht vor Einflussverlust

Für föderale und bundesstaatliche Behörden stehe nun eine schwierige Suche nach der richtigen Balance zwischen konkurrierenden Prinzipien bevor. Dazu zählten auf der einen Seite Technologieneutralität sowie die Förderung von Innovation und auf der anderen Seite Anti-Geldwäsche-Bemühungen, der Verbraucher- und Anlegerschutz sowie die Stabilität des Währungssystems. „In der Vergangenheit sind Unternehmen aus dem Digital-Assets-Sektor häufig nach Gibraltar oder in andere Länder abgewandert, da eine Geschäftstätigkeit in den Vereinigten Staaten für sie zu komplex, zeitaufwendig und teuer war. Aus Sicht der US-Behörden bedeutete dies einen Verlust an Einfluss über eine wachsende Assetklasse“, führt die Anwältin aus. Dies führe zu Druck auf Regulatoren, Fortschritt zu ermöglichen. So hat die SEC jüngst zugelassen, dass Futures-basierte Bitcoin-ETFs in den USA gehandelt werden können. Marktteilnehmer hatten zuvor monatelang spekuliert, dass die im Frühjahr erfolgte Zulassung für Krypto-ETFs in Kanada die Börsenaufsicht zwingen könnte, nachzuziehen.

„Regulatoren und Kryptounternehmen haben bislang weitestgehend miteinander kooperiert, wenn es darum ging, Produktangebote zu limitieren oder zurückzuziehen. Dennoch dürfte es verstärkt zu Spannungen zwischen Branchenvertretern und Behörden kommen, sollten Letztere keinen klaren und sicheren Pfad für die Industrie aufzeigen können“, prognostiziert Tank. Dann stehe den USA eine Abwanderung innovativer Unternehmen bevor.

Die Fragen, die sich bezüglich der Kryptoregulierung stellten, gingen indes weit über die Zuständigkeiten der SEC hinaus. „Die derzeit wichtigste Debatte in Washington dreht sich um Stablecoins und ihre Effekte auf das Währungs- und Bankensystem“, sagt Tank. Stablecoins sind Digitalwährungen, die an einen Basiswert wie den Dollar oder den Goldpreis gekoppelt sind.

Laut Tank wird in Bezug auf die Stablecoin-Regulierung die Federal Reserve im Fokus stehen. „Die Notenbank prüft die mögliche Auflage eines digitalen Dollar – dieser würde einen effektiven Weg darstellen, um den Markt zu stabilisieren. Es wird allerdings noch viel Zeit und Forschung brauchen, bevor die USA eine digitale Zentralbankwährung begeben. In der Zwischenzeit müssen die Währungshüter eine Regulierung für die Emission von Stablecoins auf den Weg bringen“, sagt die Anwältin. Ein wichtiger Punkt sei dabei die Liquidität und Sicherheit auf Seite der Emittenten solcher Token.

Während die People’s Bank of China bereits eine digitale Zentralbankwährung eingeführt und einen Bann gegen Cyberdevisen wie Bitcoin, Ether und privat emittierte Stable­coins wie Tether ausgesprochen hat, sind Verbote in den USA laut Tank kaum zu befürchten. Stattdessen sei mit gezielten Vollstreckungsmaßnahmen zu rechnen. „Das Justizministerium hat ein Team aufgestellt, das sich auf die Aktivitäten von Kryptobörsen und Infrastrukturanbietern in der Kryptosphäre konzentrieren und gegen Geldwäsche vorgehen wird“, sagt Tank.

Schutz vor Ransomware

Der Kongress werde sich zudem stärker um einen Schutz für Unternehmen bemühen, die Ziel von Ransomware-Angriffen geworden seien. Im laufenden Jahr hat es mehrere groß angelegte Attacken gegeben. Im Mai ging die größte US-Pipeline für Raffinerie-Erzeugnisse nach einem Hackerangriff offline. Der Betreiber, Colonial Pipeline, zahlte nach eigenen Angaben ein Lösegeld von 4,4 Mill. Dollar in Kryptowährungen. Im Juli teilte dann der IT-Dienstleister Kaseya mit, dass seine Systeme von einem Hack betroffen seien. Dieser betraf ungefähr 1500 Unternehmen, die verantwortlichen Cyberkriminellen verlangten ein Lösegeld in Höhe von 70 Mill. Dollar in Bitcoin von Kaseya.

Bitcoin steht indes auch wegen seiner mangelnden Energieeffizienz in der Kritik. Das Mining verbraucht gewaltige Mengen an Strom – das niedrige Nachhaltigkeitsrating der führenden Cyberdevise ist einer der Gründe, aus denen die Adaption durch institutionelle Investoren langsam voranschreitet und der Markt volatil bleibt. „Ich denke, dass US-Regulatoren das Problem des hohen Energieverbrauchs langfristig mit spezifischen Umweltschutzregeln angehen werden. Allerdings wird der allgemeine Nachhaltigkeitstrend an den Finanzmärkten zu besseren Unternehmenspraktiken und einem Wechsel zu erneuerbaren Energiequellen führen“, sagt Tank.

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