Gary Buxton, Invesco

„Die Dynamik von ETPs ist am Markt weithin bekannt“

Invesco erhofft sich ein hohes institutionelles Interesse an Exchange Traded Products auf Bitcoin. Laut dem Passiv-Spezialisten Gary Buxton bieten die Vehikel eine höhere Dynamik als Kryptofutures.

„Die Dynamik von ETPs ist am Markt weithin bekannt“

Alex Wehnert.

Herr Buxton, Kryptowährungen wie Bitcoin haben sich im bisherigen Jahresverlauf trotz zwischenzeitlicher Rallys verhalten entwickelt. Was bedeutet dies für das weitere institutionelle Engagement im Segment?

Seit Auflage unseres Exchange Traded Products auf Bitcoin im November haben wir den Großteil der Gespräche mit institutionellen Investoren zur Struktur der Assets geführt, also bezüglich des Risikomanagements und der Verwahrung, die absolut wasserdicht sein muss. Große institutionelle Käufer müssen eine äußerst sorgfältige Due Diligence vornehmen, was teilweise sogar sechs Monate bis ein Jahr lang dauern kann. Wir werden also nicht beobachten, dass Investoren eilig in das Produkt strömen, wie es auf der Retail-Seite zum Beispiel nach Lancierung des ersten Bitcoin-ETF in den USA der Fall war. Andersherum lassen sich die Investoren aber auch weniger stark durch kurzfristige Volatilität abschrecken.

Handelt es sich denn tatsächlich nur um kurzfristige Schwankungen?

Angesichts der geldpolitischen Wende und des Kriegs in der Ukraine sind Kursschwankungen nahezu unvermeidlich, zumal es sich bei Cyberdevisen um eine junge, noch wachsende Assetklasse handelt. Unser Interesse an Bitcoin ist aber langfristig. Mit zunehmender Reife des Marktes dürften die Preisdynamiken durchaus stabiler werden. Ohnehin hat die Volatilität für institutionelle Investoren, die nur einen vergleichsweise kleinen Anteil ihres Portfolios in Kryptowährungen stecken, lediglich geringe Auswirkungen.

Inwiefern unterscheidet sich das Kryptointeresse je nach Art des institutionellen Investors?

Wir differenzieren tatsächlich nicht zwischen den verschiedenen institutionellen Investoren. Die meisten von ihnen haben sehr signifikante Renditeziele und prüfen, wie sie diese mit den ihnen zur Verfügung stehenden Assets am besten erreichen können. Die meisten institutionellen Investoren dürften die Gewichtung an Hochrisiko-Assets in ihren Portfolios auf 10% begrenzt haben, in diesem Rahmen dürften Cyberdevisen für sie eine starke Option darstellen. Daher sehen wir Pensionskassen beispielsweise nicht als konservativer oder abgeneigter gegenüber Kryptowährungen als Versicherer oder andere institutionelle Investoren, die Suche nach Rendite macht Bitcoin & Co. für sie alle attraktiv.

Wird es denn mit zunehmender Anzahl an Produkten einfacher, Investoren von Kryptovehikeln zu überzeugen?

Die einfache Antwort lautet ja. Wir haben uns 2018 erstmals mit dem Segment beschäftigt. Damals waren wir uns nicht sicher genug, ein reines Bitcoin-Produkt so strukturieren zu können, dass es ausreichend robust und gleichzeitig simpel genug gewesen wäre, um für institutionelle Investoren attraktiv zu werden. Wir haben dann zunächst unseren Global Blockchain ETF aufgelegt. Daraufhin haben wir zusammen mit Finanzdienstleistern wie Northern Trust und Standard Chartered fast drei Jahre lang an einem Kryptoprodukt im engeren Sinne samt Verwahrlösungen gearbeitet, mit dem wir uns wohlfühlen. Dabei haben wir bereits viel in die Bildung unserer Kunden zu Kryptowährungen investiert. Viele Fragen konnten wir somit schon klären, was künftige Investitionen in weitere Krypto-ETPs sicher leichter machen sollte.

Allerdings ist Invesco nicht der einzige Anbieter, der davon profitieren will. Wie heben Sie sich von spezialisierten Adressen im Segment der Krypto-ETPs, zum Beispiel ETC Group und 21Shares, ab?

Gegenüber Wettbewerbern hilft uns natürlich unsere Größe und unsere etablierte Position in Europa, aber auch in vielen Wachstumsmärkten wie Asien. Hinzu kommt unser starkes Partner-Netzwerk. Für unser Blockchain-Produkt unterhalten wir ja eine Kooperation mit Coinshares, die Analysten dort verfügen über mehr Wissen zum Kryptomarkt als irgendwer sonst in Europa. Aufbauend auf dieser Expertise können wir auch unser Bitcoin-ETP optimieren.

Inwiefern treten Sie mit anderen indirekten Investmentmöglichkeiten wie Zertifikaten oder Minifutures auf Bitcoin in Konkurrenz?

Die Dynamik, die Exchange Traded Products bieten, ist am Markt weithin bekannt. Ihr Maß an Liquidität, die Skalierbarkeit und die Einfachheit im Vertrieb machen sie für Investoren sehr attraktiv. Im Vergleich dazu haben wir uns mit der Tiefe des Futures-Marktes im Kryptosegment überhaupt nicht wohlgefühlt. Ähnlich geht es unseren Beobachtungen nach auch einem großen Teil der institutionellen Investoren, weshalb unausweichlich mehr von ihnen den Sprung ins ETP-Segment wagen sollten. Dies dürfte auch mehr große Assetmanager anziehen, denen gegenüber wir dann aber einen First-Mover-Vorteil besitzen dürften.

Einen solchen Vorteil sehen Sie auch in Bezug auf Ihren Blockchain-ETF. Mit dem Indexfonds investieren Sie in viele Lösungen, für die Ethereum die grundlegende Infrastruktur darstellt. Warum haben Sie sich also komplementär nicht für ein ETP auf Ether entschieden, sondern Bitcoin ge­wählt?

Das ist eine Frage der Markttiefe. Wir haben unser ETP im November 2021 lanciert – damals belief sich das Volumen des gesamten Kryptomarkts auf etwas über 2 Bill. Dollar, wobei Bitcoin mindestens die Hälfte ausmachte. Wir glauben aber definitiv daran, dass sich die Nutzung von Ether noch stark ausweiten wird. Wir halten uns alle Optionen offen: Genauso, wie wir unserem Gold-ETP Vehikel auf Silber, Platin und Palladium haben folgen lassen, können wir auf Basis unserer Bitcoin-Strategie auch Produkte auf weitere Kryptowährungen oder Basket-Vehikel entwickeln. Wir verfügen nun über eine etablierte fundamentale Struktur, die Dienstleister wären die gleichen – die Bewertungsmethode wäre eigentlich der einzige Faktor, der sich ändern würde.

Wie dürfte sich mit einem zunehmenden Wachstum des ETP-Mark­tes die Zahl der Institutionen entwickeln, die als Kryptoverwahrer agieren können?

Ein Faktor ist die technische Kapazität, die nicht jede Bank aufbringt. Die Verwahrung digitaler Assets ist als Konzept noch recht jung, wenngleich es in Europa schon einige Adressen gibt. Ich erwarte definitiv, dass sich große Spieler am Markt stärker in dieses Segment bewegen werden. Bei einigen, wie der Bank of New York Mellon, stehen solche Projekte bereits im Fokus, andere Institutionen warten noch auf größere regulatorische Klarheit.

Der regulatorische Fokus auf Kryptowährungen hat sich im laufenden Jahr noch verschärft. Was bedeutet dies für institutionelle Investoren?

Grundsätzlich erhöhen sich durch eine stringente und weitreichende Regulierung die Möglichkeiten institutioneller Investoren, im Segment aktiv zu werden. Natürlich entstehen dadurch Markteintrittsbarrieren, aus Anlegersicht erhöht sich mit einer umfassenden Gesetzgebung und Kontrolle aber auch die Sicherheit. Momentan divergiert die Regulierung zwischen verschiedenen Wirtschaftsräumen, zum Beispiel Europa und den USA, noch recht stark, sie dürfte sich aber über die kommenden Jahre stärker aneinander angleichen.

Welche Änderungen dürften durch den Brexit noch für die Digital-Asset-Regulierung im Vereinigten Königreich anstehen?

Grundsätzlich zwingt der Brexit Großbritannien, als Standort für Finanzdienstleistungen noch attraktiver zu werden. Da gleichzeitig keine Reibungsverluste durch die Abstimmung mit übergeordneten EU-Instanzen und anderen Mitgliedsstaaten mehr entstehen, dürfte die Digital-Asset-Regulierung im Vereinigten Königreich also dynamischer werden. Allerdings ist der Finanzsektor ein extrem wichtiger Teil der britischen Wirtschaft, dessen Stabilität in jedem Fall gewahrt bleiben muss – es wird also keine verrückten Experimente geben.

Nachhaltigkeit und damit auch der hohe Stromverbrauch von Bitcoin stehen für institutionelle Investoren unterdessen stark im Mittelpunkt. Inwieweit müssen sich auch ETP-Anbieter stärker mit der Thematik auseinandersetzen?

Dass man als ETP-Anbieter nur wenig mit dem hohen Stromverbrauch, den der Basiswert verursacht, zu tun hat, ist sicher kein haltbares Argument. Schließlich trägt unser Produkt auch zur Wertschöpfung der Bitcoin-Blockchain bei. Die ESG-Diskussion um digitale Assets ist indes sehr komplex, es existieren viele Grauzonen. Ein bedeutender Teil des Minings wird durch überschüssige Energie bestritten, die zu keinem anderen Zweck verwendet werden kann. Mit zunehmender technologischer Entwicklung dürfte sich in der Folge auch die Einstufung von Kryptowährungen nach Nachhaltigkeitskriterien verbessern. Wir glauben zudem daran, dass sich Assetmanager, die im Segment aktiv sind, für einen effizienteren Energieverbrauch einsetzen müssen.

Das Interview führte

BZ+
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