Lender SVB kollabiert

Die Furcht vor einer US-Banken­krise kehrt zurück

Der Tech-Lender Silicon Valley Bank ist nach einem Einlagenschwund und verlust­reichen Assetverkäufen zusammen­gebrochen. Investoren fürchten nun eine weitreichendere Bankenkrise.

Die Furcht vor einer US-Banken­krise kehrt zurück

Von Alex Wehnert, New York

An der Wall Street greift die Furcht vor einer Krise im US-Bankensystem um sich. Der KBW Bank Index sackte nach der Eröffnung an der Wall Street am Freitag um fast 4% ab, nachdem er am Vortag mit einem Minus von 7,7% den schwächsten Tag seit dem Corona-Crash im März 2020 verzeichnet hatte. Auch die Aktien von Großbanken wie Bank of America oder US Bancorp standen erneut erheblich unter Druck, dies strahlte auch auf Europas Börsen aus.

Auslöser sind Turbulenzen um die Silicon Valley Bank (SVB Financial). Am Freitag übernahm der staatliche Einlagensicherungsfonds FDIC mit Verweis auf mangelnde Liquidität und Zahlungsfähigkeit die Kontrolle über deren Assets. Damit steht der schwerste Kollaps einer US-Bank seit der Finanzkrise 2008 fest. „Der Zusammenbruch von SVB könnte einen wichtigen langfristigen Treiber der Wirtschaft zerstören“, warnte Hedgefondsmanager Bill Ackman auf Twitter. Durch Venture Capital gestützte Unternehmen seien in Bezug auf Kredite und die Verwahrung ihrer liquiden Mittel von der Bank abhängig.

In der alten Woche hatte das auf den Technologiesektor fokussierte Kreditinstitut mitgeteilt, infolge eines stärker als erwartet ausgefallenen Einlagenrückgangs zu Assetverkäufen gezwungen gewesen zu sein – zu äußerst unvorteilhaften Konditionen. So verbuchte der Lender einen Nachsteuerverlust von 1,8 Mrd. Dollar aus der Veräußerung von Treasuries und anderen US-Regierungsanleihen.

Eine in Reaktion auf die Verluste geplante Kapitalerhöhung zerschlug sich schnell. Zuvor hatte das Geldhaus noch angekündigt, über die Platzierung von Stamm- und wandelbaren Vorzugsaktien 2,25 Mrd. Dollar einsammeln zu wollen. Darauf war der Kurs am Donnerstag um über 60% eingebrochen – im frühen Handel am Freitag folgte ein Rücksetzer um 50%, bevor der Titel vom Handel ausgesetzt wurde. Es blieb nicht die einzige Unterbrechung: Auch die Aktie der First Republic National Bank war nach einem Kursrutsch zwischenzeitlich nicht handelbar.

Gefahren in den Portfolios

Am Mittwoch hatte bereits die Kryptobank Silvergate Capital für Verunsicherung gesorgt. Das Geldhaus strebt eine geordnete Abwicklung an. Nachdem sich mit SVB Financial nun ein weiteres Institut steigendem Druck ausgesetzt sieht, befürchten Investoren schwere Verwerfungen im Bankensektor. Laut FDIC summierten sich die nicht realisierten Verluste der US-Geldhäuser mit Wertpapieren, die zum Verkauf zur Verfügung stehen oder bis zur Fälligkeit gehalten werden sollen, im Schlussquartal 2022 auf 620 Mrd. Dollar – im Vorjahreszeitraum waren es noch 8 Mrd. Dollar.

Die Wertverluste der Kreditportfolios sind für die Banken nicht problematisch, sofern sie betroffene Bonds tatsächlich bis zur Fälligkeit halten können. Sind sie aber aufgrund eines plötzlich steigenden Liquiditätsbedarfs zu Verkäufen gezwungen, müssen sie Einbußen daraus in ihren Finanzberichten ausweisen. Daraus kann sich laut Analysten schnell ein Teufelskreis entwickeln, da die Verluste Kunden alarmieren und so weitere Mittelabzüge zur Folge haben.

Tatsächlich rieten Venture-Capital-Investoren Startups laut Insidern zuletzt aufgrund von Liquiditätsbedenken dazu, Einlagen bei SVB abzuziehen, während CEO Greg Becker noch versuchte, für Beruhigung zu sorgen. Viele junge Unternehmen parkten ihre Mittel daraufhin in Treasuries und Geldmarktfonds. Zu Hochzeiten der Corona-Pandemie waren die Einlagen des Kreditinstituts noch stark gestiegen. Im Jahr 2021 verdoppelten sie sich fast, und SVB investierte die Mittel zu großen Teilen in Anleihen staatlicher Emittenten. Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich im gesamten Sektor: Laut FDIC zogen die Einlagen bei US-Finanzinstituten zwischen Ende 2019 und Ende 2021 um 38% an, zugleich wuchs der Bestand an Regierungsanleihen in ihren Portfolios um 53%.

Allerdings sind die US-Großbanken breiter aufgestellt als SVB oder Silvergate, die sich auf Einlagen aus bestimmten Branchen fokussiert haben. Zudem gestaltet sich die Struktur ihrer Verbindlichkeiten unterschiedlich: Bei SVB waren Ende des vergangenen Jahres 89% auf Einlagen zurückzuführen, bei Bank of America waren es 69%. Daher ist ein Schwund für die großen Anbieter eher verkraftbar.

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