Aktien

Dividenden werden wieder attraktiver

Gerade in wirtschaftlich schwieriger werdenden Zeiten feiern die Aktien von stabilen Dividendenzahlern ihr Comeback. Durch den Kurssturz bieten Dividendenaristokraten ansprechende Renditen von mehr als 5%. Für langfristig orientierte Investoren bieten sich Gelegenheiten.

Dividenden werden wieder attraktiver

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Für Dividendenjäger hat der Kursrückschlag der vergangenen Monate sein Gutes: Denn Standardwerte am deutschen Aktienmarkt wie Allianz, BASF, Deutsche Post, Münchener Rück, Volkswagen oder Vonovia offerieren jetzt sehr attraktive Dividendenrenditen von rund 5 bis zu 8%. Doch nicht allein in Deutschland, auch an den europäischen Aktienmärkten werden die Dividenden durch die Baisse für Investoren immer attraktiver und eröffnen Gelegenheiten. Allerdings müssen Anleger gerade in Phasen wie der aktuellen, in denen die Zinsen steigen und die Konjunktur in mehreren Branchen abzuschmieren droht, bei der Auswahl von Einzelwerten aufpassen. Denn gesucht sind Dividendenaristokraten, sprich gut aufgestellte Unternehmen, die ihre Dividende von Jahr zu Jahr anheben oder zumindest genauso viel wie im vergangenen Jahr ausschütten.

Denn bei Aktien, die eine extrem hohe Dividendenrendite bieten, lauern oftmals Dividendenfallen. Zum Beispiel bot in den 80er Jahren der Bauträger Ferdinand Rückforth zeitweise die höchste Dividendenrendite am deutschen Aktienmarkt. Dann geriet die Gesellschaft in Schwierigkeiten, zahlte keine Dividende mehr und ging in Konkurs. Insofern kann eine allzu hohe Dividende auch ein Warnsignal darstellen. Denn wenn ein Unternehmen in ernsthafte Schwierigkeiten gerät, aber noch ausschüttet, fällt die Dividendenrendite extrem hoch aus. Aber möglicherweise rückt dann bald das Aus für das Unternehmen nahe.

Wieder im Scheinwerferlicht

Doch zu den stabilen Dividendenzahlern. „Dividendenaktien, die 2021 noch als langweilig abgetan wurden, feiern heute ein Comeback“, erklärt Aude Scheuer, Fondsmanagerin bei der Credit Suisse. Da die Unsicherheit am Markt seit Anfang des Jahres zugenommen habe, rücke der Dividenden-Anlagestil wieder ins Scheinwerferlicht und habe begonnen, den Markt outzuperformen. „Dank der hohen Ausschüttungen können Dividendenaktien Kursverluste im Allgemeinen abfedern und weisen im Vergleich zu traditionellen Aktienmarktanlagen eine größere Kursstabilität auf“, sagt Scheuer. „In einem Umfeld schwächeren globalen Wirtschaftswachstums erwarten wir, dass sich das Gewinnwachstum verlangsamt und die Renditen an den Aktienmärkten höchstwahrscheinlich moderater ausfallen werden. Daher dürften nachhaltige und hohe Dividenden für einen erheblichen Teil der Gesamtrendite verantwortlich sein, was Strategien mit hohen Dividendenrenditen unserer Ansicht nach besonders attraktiv macht.“

Die Dividende wird als wesentlicher Faktor für die Performance von Aktien ohnehin unterschätzt. Das mag auch daran liegen, dass viele Investoren zunächst nur auf die kurzfristige Kursbewegung eines Titels schauen. Doch machen Dividenden laut den Berechnungen der Credit Suisse, und übrigens auch den Studien anderer Häuser, langfristig einen Großteil der Gesamtrendite von Aktieninvestments aus. „Mit Blick auf den MSCI World Index zwischen 2001 und Ende April 2022 machte die Dividendenrendite 40% der Gesamtrendite aus“, stellt die Credit Suisse fest. „Für die europäischen Märkte betrug die Dividendenrendite sogar 78% der Gesamtrendite.“ Auch für den deutschen Aktienmarkt ist die Bedeutung der Dividende als Ertragskomponente extrem hoch (vgl. Abbildung). Und besonders in Zeiten schwacher Märkte gewinnt diese Komponente laut Credit Suisse an Bedeutung.

Hinzu kommt ein zweiter Vorteil von Dividendenstrategien. „Langfristig erzielten Titel mit einer hohen Dividendenrendite höhere Gesamtrenditen als Titel mit niedrigeren Dividendenrenditen“, stellt die Credit Suisse fest. Allerdings sei innerhalb dieses dividendenrenditenstarken Universums eine Unterscheidung zu treffen: Diejenigen Aktien mit den hochwertigsten Dividenden generierten die attraktivsten Gesamtrenditen innerhalb der Gruppe der Titel, die eine bessere Rendite verzeichneten als die Benchmark.

Dabei könne sich ein sehr genauer Blick auf die Unternehmen lohnen. Gewisse Unternehmen müssten in Abschwungphasen ihre Dividenden kürzen. „Daher kann eine sehr gründliche Qualitätsprüfung von Vorteil sein, und durch die Investition über Fonds kann eine gewisse Diversifikation erreicht werden – dies ist eine weitere Möglichkeit zur Gewährleistung eines stabileren Dividendenstroms“, analysiert die Credit Suisse.

Dividenden steigen weiter

Am deutschen Aktienmarkt schaut es insgesamt ohnehin mit den Dividenden noch gut aus. „Mit einer Rekorddividende von 57 Mrd. Euro für 2021 hat der deutsche Aktienmarkt das Coronatief endgültig hinter sich gelassen“, hat die DZ Bank jüngst ermittelt. Dabei habe die Ausschüttungsquote lediglich im historischen Mittel gelegen. Und für die Geschäftsjahre 2022 und 2023 prognostiziert die DZ Bank eine weitere Steigerung der im HDax vertretenen Unternehmen auf dann 62,7 und 68,1 Mrd. Euro. Im aktuellen Krisenumfeld seien insbesondere deutsche Aktien aufgrund der steigenden Dividendenrenditen attraktiv, trotz starker Konkurrenz in Form anziehender Anleihezinsen.

Ein Top-Wert unter den Aristokraten ist die Allianz. Der Versicherungskonzern gilt – trotz des jüngsten Hedgefonds-Skandals in den USA bei Allianz Global Investors – insgesamt als sehr solide aufgestellt und hat seinen Aktionären bereits angekündigt, die Dividende jedes Jahr um mindestens 5% anzuheben. Insofern dürfte die Allianz auch im kommenden Jahr ihre Dividende deutlich steigern. Den Aktionären winkt aktuell eine erwartete Dividendenrendite von 6,6%.

Als außerordentlich solide aufgestellt gilt auch die ebenfalls im Dax vertretene Munich Re. Auch dieser Versicherungskonzern dürfte die Ausschüttung im kommenden Jahr erneut anheben. Und auch die Rück offeriert aktuell eine erwartete Dividendenrendite von 5,3%.

Zu den Dividendenaristokraten, die in den vergangenen Jahren stets durch eine stabile oder ansteigende Ausschüttung überzeugt haben, zählt auch die Talanx. Auch dieser Versicherungskonzern bietet mit 4,8% eine ansprechende Dividendenrendite.

Die BASF gilt zwar traditionell als Zykliker, hat sich aber in den vergangenen Jahren zum Dividendenaristokraten entwickelt. Auch die Halbjahreszahlen des Chemiekonzerns waren gut. Doch gibt es in Zeiten von drohendem Gasstopp und drohender Rezession auch erhebliche Risiken für die BASF. Gleichwohl dürfte die Gesellschaft die Dividende zumindest stabil halten, allein als Botschaft für Kontinuität. Dafür winkt Aktionären eine üppige erwartete Dividendenrendite von aktuell 8,0%.

Durch den massiven Kursrückgang der vergangenen Monate ist die Aktie der Deutschen Post inzwischen recht niedrig bewertet. So liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Logistikers bei unter 10. Durch den Kurssturz ist auch die erwartetet Dividendenrendite des Aristokraten auf 4,9% geklettert. Denn auch im kommenden Jahr dürfte die Post zumindest wieder eine Dividende von 1,80 Euro ausschütten.

Ein echter Dividendenaristokrat ist die Deutsche Telekom nicht, hat sie doch zwischenzeitlich ihre Dividende einmal leicht gekürzt. Gleichwohl hat die T-Aktie in den vergangenen Jahren durch hohe Cashflows, steigende Gewinne und attraktive Ausschüttungen überzeugt. Derzeit stellt sich die erwartete Dividendenrendite auf 3,6%.

Vonovia mit hoher Rendite

Obwohl Autoaktien eher zyklisch sind, hat Volkswagen in den vergangenen Jahren stabile oder deutlich steigende Dividenden ausgeschüttet. Insgesamt geht es VW wieder gut, und die im Dax vertretene Vorzugsaktie ist niedrig bewertet. Die erwartete Dividendenrendite liegt bei 5,9%. Vonovia war einst der Überflieger am deutschen Aktienmarkt, doch zuletzt ist der Kurs mächtig abgestürzt. Gleichwohl überzeugt der Wohnungskonzern mit hohen und regelmäßigen Ausschüttungen. Da Vonovia gut durchfinanziert ist und steigende Erträge erwirtschaftet, dürfte dies auch so bleiben. Die Dividendenrendite beläuft sich auf hohe 6,1%.

Ein echtes Schnäppchen ist die Aktie des Vermögensverwalters DWS. Denn die Vorwürfe, Greenwashing betrieben zu haben, haben den Aktienkurs gedrückt. Doch gab es jetzt zum einen einen Wechsel an der DWS-Spitze. Zum anderen dürfte Großaktionär Deutsche Bank nicht daran gelegen sein, die DWS-Dividende zu kürzen. Die Dividendenrendite beträgt üppige 8,1%.

Deutsche Aktien – ausgewählte Dividendenaristokraten
NameIndexKursDividende ausgeschüttet in Div-Rend. (%)
201820192020202120222023e
AllianzDax173,688,009,009,609,6010,8011,406,6
BASFDax42,723,103,203,303,303,403,408,0
Deutsche PostDax36,691,151,151,151,351,801,804,9
Deutsche TelekomDax18,940,650,700,600,600,640,683,6
DWS GroupSDax25,861,371,671,812,002,108,1
EvonikMDax20,101,151,151,151,151,171,195,9
Hamborner ReitSDax8,370,450,460,470,470,470,475,6
Munich ReDax220,708,609,259,809,8011,0011,605,3
LEG ImmobilienMDax79,603,043,533,603,784,074,205,3
TalanxMDax35,581,401,451,501,501,601,704,8
Volkswagen Vz.Dax135,963,964,864,864,867,568,005,9
VonoviaDax28,651,241,351,471,581,661,756,1
Kurs und Dividende je Aktie jeweils in Euro;  e = erwartet, Stand: 18.7.2022 Börsen-Zeitung
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