Schwacher Yen

Japan tut sich in der Pandemie schwer

Japans Wirtschaft lief schon vor Corona nicht rund und wurde von der Pandemie zusätzlich schwer gebeutelt. Zwar legte die Wirtschaftsleistung nach einem massiven Einbruch im ersten Halbjahr 2020 in den Quartalen drei und vier auf Quartalsbasis...

Japan tut sich in der Pandemie schwer

Von Matthias Krieger*)

Japans Wirtschaft lief schon vor Corona nicht rund und wurde von der Pandemie zusätzlich schwer gebeutelt. Zwar legte die Wirtschaftsleistung nach einem massiven Einbruch im ersten Halbjahr 2020 in den Quartalen drei und vier auf Quartalsbasis wieder signifikant zu. Im ersten Quartal 2021 stand wegen weltweit wieder an­steigender Infektionszahlen dann aber erneut ein Minus zu Buche.

Obwohl die Infektionszahlen in Japan während des Pandemieverlaufs in der Regel deutlich unter denen vergleichbarer Industrieländer lagen, litten neben dem Export auch der private Konsum und die Investitionen ähnlich stark. Belastend wirkt in Japan nun auch noch, dass die Impfkampagne eher schleppend vorankommt. Vor diesem Hintergrund rechnen wir 2021 trotz einer kräftigen Erholung der Weltwirtschaft in Japan nur mit einem moderaten BIP-Wachstum von etwas unter 3%.

Yen 2021 bislang schwach

Die Währung wird oft als die „Aktie einer Volkswirtschaft“ be­zeich­net. Kein Wunder also, dass der Yen seit Jahresbeginn ausgesprochen schwach tendierte. Sowohl gegenüber dem Euro als dem Dollar musste er Federn lassen. Im Jahresverlauf 2021 dürfte sich an der im Vergleich zu anderen großen Industriestaaten eher schwachen wirtschaftlichen Entwicklung in Japan zunächst zudem wenig ändern.

Allerdings reflektieren Aktienkurse – um im Bild zu bleiben – nicht nur den aktuellen Zustand, sondern auch die erwartete Zu­kunft. Inzwischen sollten sich nun viele Faktoren, die den US-Dollar und den Euro bisher stützten, in den Wechselkursen widerspiegeln – und damit ihre Zugkraft verlieren.

Denn dass die amerikanische Wirtschaft 2021 unter den Industriestaaten die am besten performende sein wird, ist Gemeinplatz geworden. Wie sich Joe Bidens Mega-Konjunkturpaket dann aber auf Inflation, Zinsen, Staatsverschuldung und US-Handelsdefizit auswirken wird, ist offen und weist ein hohes Maß an Ernüchterungspotenzial auf.

Die mit immensen staatlichen Mitteln alimentierte US-Nachfrage könnte nicht nur die Staatsverschuldung, sondern auch das Handelsdefizit und die Inflation in lange nicht mehr gekannte Höhen treiben. Die großzügigen Sozialleistungen verzögern zum Beispiel bei nicht wenigen die Wiederaufnahme eines Jobs und die hohen Aktienkurse fördern Frühverrentungstendenzen bei der Babyboomer-Generation, wodurch sich nicht nur im Niedriglohnsektor das Arbeitskräfteangebot verknappen und die Löhne steigen könnten.

So steht zu befürchten, dass die kreditfinanzierte hohe staatliche und private Nachfrage bei sinkender Partizipationsrate auf Engpässe am US-Arbeitsmarkt stoßen wird, die Preise deswegen doch dauerhafter ansteigen als derzeit angenommen und die hohe Nachfrage dann durch zusätzliche Importe ausländischer Güter ge­deckt wird. Ein steigendes Handelsdefizit belastet eine Währung und zudem könnten sich Investoren beispielsweise angesichts inflationsbedingt sinkender Realrenditen veranlasst sehen, Kapital aus den Vereinigten Staaten abzuziehen. Belastend hinzu kommt hier der Konflikt mit China, der per se ebenfalls preistreibend wirken dürfte. Wenn die Fed dann aber durchblicken ließe, den Preisanstieg mit höheren Zinsen stoppen zu wollen, wäre dies ein Alarm­zeichen für alle, die auf eine Outperformance der US-Konjunktur setzten.

Im Euroraum ist die Inflationsgefahr zwar geringer, hier schwindet derweil aber der positive Effekt des „Wiederaufbaufonds“ auf die Ge­meinschaftswährung. Die nun erfolgende Vergemeinschaftung von Teilen der Staatsschulden der Euro-Länder sowie die auch innerhalb der Europäischen Zentralbank offenbar von einigen als Notwendigkeit betrachtete dauerhafte geldpolitische Alimentierung des Schuldendienstes klammer Euro-Staaten konterkariert aber schmerzhafte Konsolidierungsbemühungen.

Steigende Inflationsraten auch im Euroraum könnten so unter Umständen nur noch mit Verzögerung eine – zu schwache – Reaktion der EZB hervorrufen, was das Vertrauen in die Stabilität des Euro untergraben würde.

Auch wenn solche Sorgen aktuell übertrieben erscheinen: Um den Euro schwächer tendieren zu lassen, würde schon der zunehmende Verdacht ausreichen, dies könnte die Zukunft sein. Gerade vor wichtigen Wahlen – 2021 in Deutschland, 2022 in Frankreich – dürften die Märkte sensibilisiert für solche Befürchtungen sein.

Belastungen eingepreist

Viele den Yen belastende Faktoren dürften dagegen in den Wechselkursen eingepreist sein. Japan könnte daher nun eher auf der positiven Seite überraschen. Die Inflationsrate steigt hier kaum an und die in großen Teilen hochmoderne japanische Industrie profitiert als wichtiger Lieferant vom weltweiten Digitalisierungsboom. Wenn die Weltwirtschaft wieder Tritt fasst, kommt dies auch der japanischen Wirtschaft zugute. Zum anderen hat Premier Suga versprochen, die Bevölkerung bis November durchzuimpfen, was die Binnennachfrage signifikant stärken sollte.

Untermauert durch die bei 130 Yen pro Euro liegende Kaufkraftparität gehen wir davon aus, dass der Yen als „Aktie der japanischen Volkswirtschaft“ keine Überbewertung aufweist. Vor dem geschilderten Hintergrund sollte er gegenüber dem Euro im Jahresverlauf nun konsolidieren. Wir rechnen mit einer Seitwärtsbewegung etwas oberhalb der Marke von 130.

*) Matthias Krieger ist Senior Economist bei der LBBW.