Digitale Anlagen

Kryptomarkt vor weitem Weg

In den Kryptomarkt ist im laufenden Jahr gewaltige Bewegung gekommen. Auf ihrem Weg in den Mainstream sind digitale Assets indes auf regulatorische Unterstützung angewiesen.

Kryptomarkt vor weitem Weg

Digitale Assets müssen noch einen weiten Weg zurücklegen, bis sie im Mainstream des Finanzmarkts ankommen. Allerdings ist in das Segment gerade im laufenden Jahr gewaltige Bewegung gekommen, in kaum einer anderen Anlageklasse ergeben sich so viele relevante Neuerungen – ob regulatorisch, technologisch oder marktseitig. Dies drückt sich in den Kursen von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether aus, die innerhalb der Digital-Assets-Sphäre den Großteil der Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Denn die rasanten Rekordrallys der Cyberdevisen werden wiederholt von heftigen Rückschlägen durchbrochen, wie sich auch aktuell wieder zeigt. So hat Bitcoin innerhalb von zwei Wochen über 20% an Wert verloren. Gerade die hohe Kursvolatilität ist einer der Faktoren, die Investoren abschrecken und den Digitalwährungen den Weg in den Mainstream versperren.

Die aktuellen Kursrücksetzer zeigen zudem einmal mehr, dass ein vielbemühtes Argument der Krypto-Unterstützer nicht aufgeht. Diese betonen gerne, dass Cyberdevisen sich aufgrund ihrer schwachen Korrelation zu anderen Assets als Absicherungsmöglichkeit für institutionelle Investoren eigneten. Doch die Historie zeigt, dass Kryptowährungen in Zeiten allgemeiner Unruhe an den Märkten häufig besonders heftige Rückschläge verzeichnen. Denn wenn Investoren Verluste in anderen Assetklassen ausgleichen oder Margin Calls bedienen müssen, stoßen sie dafür häufig zuerst die risikoreichen Cyberdevisen ab. Dies wurde während des Corona-Crashs im Frühjahr 2020 besonders deutlich, damals sackte Bitcoin zwischen Ende Februar und Mitte März von knapp 10000 auf unter 4000 Dollar ab. Der Verlust des Dax fiel im gleichen Zeitraum um über 20 Prozentpunkte geringer aus. Natürlich profitierte Bitcoin in den folgenden Monaten von der Furcht vor einer rasanten Inflationsbeschleunigung, schließlich ist die Kryptowährung nicht von einer Notenbank abhängig und durch ihre Limitierung auf insgesamt 21 Mill. Einheiten deflationär geprägt. Doch in diesem Zeitraum hatten sich auch die Aktienmärkte bereits wieder deutlich erholt.

Ungeachtet des überschaubaren Mehrwerts beim Hedging ist die Fähigkeit zu einer rapiden Erholung, die führende Cyberdevisen nach vergangenen Talfahrten gezeigt haben, durchaus beeindruckend. Weder dass Tesla-Chef Elon Musk Bitcoin im Mai den Rücken kehrte noch dass China seine Regulierungskampagne gegen Kryptowährungen verschärfte, belastete die Kurse nachhaltig. Und auch über die aktuellen Rücksetzer hinaus prognostizieren genügend Analysten einen steilen Aufwärtstrend.

Doch im Hintergrund hat sich bereits die nächste große Bedrohung aufgebaut, die den Kryptomarkt zusammenbrechen lassen könnte. Denn das Segment ist inzwischen stark vom Stablecoin Tether abhängig, der an den Dollar gekoppelt ist. Zwischen Donnerstag- und Freitagabend wurden innerhalb von 24 Stunden Tether im Gegenwert von 115 Mrd. Dollar gehandelt, das Volumen fiel damit nahezu dreimal so hoch aus wie bei Bitcoin. Das liegt daran, dass Investoren den Stablecoin beim Handel mit anderen digitalen Assets nutzen. Bitcoin-Trader müssen beim Tausch in Fiat-Währungen starke Zeitverzögerungen in Kauf nehmen, angesichts der Volatilität kann das viel Geld kosten. Der Umtausch in Stablecoins nimmt dagegen in der Regel nur wenige Minuten in Anspruch, Anleger können somit Gewinne sichern. Allerdings bestehen erhebliche Zweifel an der Behauptung des Tether-Emittenten, jede seiner Stablecoin-Einheiten sei durch die eigenen Reserven gedeckt. Implodiert Tether, könnte dies viele Kryptobörsen die Existenz kosten und erhebliche Unsicherheit im Segment erzeugen.

Ein effektiver Weg, den Markt zu stabilisieren, wäre die Auflage von digitalem Zentralbankgeld in wichtigen Märkten. Denn in der Folge dürften privat emittierte Stablecoins und insbesondere der übermächtige Marktprimus Tether an Bedeutung verlieren. Sowohl die Federal Reserve als auch das Eurosystem prüfen derzeit die Einführung von digitalem Zentralbankgeld. Bundesbankvorstand Burkhard Balz unterstreicht im Interview der Börsen-Zeitung allerdings, dass vor einem solchen Schritt noch zahlreiche Themen zu prüfen seien – und auch in den USA dürfte zuerst noch viel Forschungsarbeit bevorstehen. Es ist indes unumgänglich notwendig, den Kryptomarkt auch mit regulatorischer Unterstützung solider aufzustellen. Sonst dürfte der weite Weg der digitalen Assets nicht in den Mainstream, sondern ins Nirgendwo führen.

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