Märkte am Mittag

Börsen legen europaweit stark zu

Die Hoffnung auf einen weniger aggressiven geldpolitischen Kurs in den USA und auf eine Lockerung der Null-Covid-Politik in China beflügelt die Aktienmärkte in ganz Europa. Dax und Eurostoxx legen deutlich zu, nur wenige Einzelwerte verlieren.

Börsen legen europaweit stark zu

Europas Börsen sind am Dienstag mit Schwung in den November gestartet. Nachdem der Auftrieb zuletzt vor allem durch die US-Börsen gekommen war, waren es nun Spekulationen aus China, welche die Anleger in gute Laune versetzten. In sozialen Medien Chinas kursieren aktuell Gerüchte über eine Abkehr von der Null-Covid-Politik des Regimes. Angeblich sei ein Komitee gebildet worden, um Szenarios zu prüfen, wie ein Ende der Lockdown-Politik aussehen könnte. Hinzu kommt, dass zum Monatsanfang oft neue Anlagegelder in die Finanzmärkte fließen, wie Marktexperte Andreas Lipkow darlegt. Durch den sehr guten Oktober schienen viele Marktteilnehmer zudem auf eine Fortsetzung der Erholung bis zum Jahresende zu setzen. „Auf dem mittlerweile erreichten Niveau steigen die Chancen, dass der im bisherigen Jahresverlauf etablierte Abwärtstrend durchbrochen wird“, so Lipkow.

Der Dax legte am Mittag um 1,3% zu auf 13.414 Zählern, und der EuroStoxx 50 gewann sogar 1,5% auf 3674 Punkte. Der französische Cac 40 rückte zuletzt um 1,7% vor, und in London stieg der FTSE 100 um 1,57%.

Das Gemunkel über eine Wieder-Öffnung Chinas komme von vielen Seiten und sei „sehr ermutigend“, sagte Stephen Innes, Managing Partner bei SPI Asset Management, über die Spekulationen rund um ein mögliches Ende der chinesischen Null-Covid-Politik. Allerdings werde an den Märkten nicht damit gerechnet, dass Änderungen auf einen Schlag umgesetzt würden.

Geringeres Zinserhöhungstempo?

Der wesentliche Grund für die jüngsten Kursgewinne ist laut Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets indes „die Hoffnung auf ein in naher Zukunft langsameres Tempo in den Zinserhöhungszyklen der Notenbanken“. Während von der US-Notenbank Fed am Mittwoch ein Zinsschritt um erneut 0,75 Prozentpunkte erwartet wird, setzte die australische Zentralbank ihren relativ moderaten geldpolitischen Straffungskurs am Dienstag mit nur 0,25 Prozentpunkten fort.

Als hilfreich galt auch die Tatsache, dass sich der Anstieg der Einfuhrpreise im September etwas stärker abschwächte als von Experten gedacht. Die Preise für nach Deutschland importierte Güter verteuerten sich zwar immer noch sehr deutlich um 29,8%, Analysten waren aber nach 32,7% im Vormonat von einer höheren Jahresrate von 31% ausgegangen. Zur etwas schwächeren Preisdynamik haben vor allen die Kosten für importierten Strom beigetragen.

Eine Erholungsrally

Die Erholungsrally unter den asiatischen Tech-Werten strahlte bereits im vorbörslichen Handel positiv aus auf deutsche Internet-Aktien, die zuletzt noch recht stark gemieden wurden. Im Dax wurden die Zalando-Titel mit plus 6,8% sehr stark nachgefragt, nachdem in Hongkong Internet-Branchenriesen wie Tencent oder Alibaba die Rally anführten. Im MDax zogen auch die Aktien von Delivery Hero und Hellofresh sehr deutlich um knapp 12% und 9,7 Prozent an.

Am Dax-Ende standen derweil die FMC-Aktien, die damit weite Teile ihrer kurzen Vortagserholung wieder revidierten. Eine Verkaufsempfehlung von Warburg Research drückte die Titel des Dialysekonzerns 3% tiefer. Analyst Christian Ehmann ließ die Anleger aufhorchen mit einer Warnung vor einer trüberen Branchenperspektive. Eine in der Zukunft verbesserte medizinische Kontrolle von Diabetes dürfte die Wachstumsaussichten schmälern, argumentierte der Experte. Dies färbte auch wieder negativ ab auf den Mutterkonzern Fresenius, dessen Titel 2,8% nachgaben.

Ein relativ klarer Gewinner waren außerdem die Papiere des Autovermieters Sixt mit einem Anstieg um 2,5%. Hier wurde als Treiber auf Rekordgewinne von Avis Budget im dritten Quartal verwiesen. Der Wettbewerber hatte am Vorabend in den USA einen rekordhohen Nettogewinn und ebenfalls einen rekordhohen operativen Gewinn gemeldet.

Rohstoffaktien legen zu

Branchenweit in Europa sorgte die Hoffnung jedoch für Schwung: So stieg der Rohstoffsektor als gefragteste Branche um 3,1%. Zudem stiegen auch Luxusaktien kräftig. Burberry gewannen in London 2,4%. Im EuroStoxx sprangen Kering um 4,5%, Hermes um 4,0% und LVMH um 3,6% hoch.

Favorit im EuroStoxx jedoch war die Aktie der Beteiligungsgesellschaft Prosus. Nachdem sie sich bereits am Vortag um fast 7% erholt hatte, ging es nun um weitere knapp 8% hoch. An diesem Tag halfen die Gewinne der Internet-Aktie Tencent, die in Hongkong um rund 11% hochschoss. Prosus ist an Tencent mit 28% beteiligt. Einerseits halfen den Aktien nun die Spekulationen aus China. Andererseits gab es Gerüchte, dass der südafrikanische Prosus-Mutterkonzern Naspers über den Verkauf seines Tencent-Anteils verhandele. Sie wurden allerdings von Naspers zurückgewiesen.

BP vollzogen nach vorgelegtem Quartalsbericht eine Berg- und Talfahrt und zeigten sich zuletzt wenig verändert. Analyst Christyan Malek von der US-Bank JPMorgan sprach wie andere Analysten zwar auch von einem starken Ergebnis je Aktie des Öl- und Gaskonzerns. Allerdings hätten Handels- und Einmaleffekten in der Gas- & Low Carbon-Sparte das Ergebnis geprägt. Zudem seien die neu angekündigten Aktienrückkäufe in Summe geringer als jene aus den vorangegangenen Quartalen. Die Experten von Hargreaves Landsdown verwiesen zudem auf den durchwachsenen Ausblick von BP auf das vierte Quartal samt der Aussagen über weltwirtschaftliche Unsicherheiten.

In den Niederlanden litten die Anteilsscheine von DSM unter enttäuschenden Zahlen zum dritten Quartal und einer Gewinnwarnung. Sie büßten an der Euronext 1,1% ein. Der Chemiekonzern verfehlte ergebnisseitig die Erwartungen und senkte seine Jahresprognose für das bereinigte Ebitda.

Dollar-Index bröckelt ab

Der Optimismus der Anleger setzte im Gegenzug der US-Währung zu. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, bröckelte um 0,5% auf 111,99 Punkte ab. Das gab den Ölpreisen Rückenwind. Zudem veröffentlichte die Opec am Montag ihren Ölmarktbericht für 2022. Das Förderkartell geht davon aus, dass die Nachfrage in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Der Preis für die Nordsee-Sorte Brent stieg um 1,2% auf 93,90 Dollar je Barrel (159 Liter), die US-Sorte WTI verteuerte sich um 1% auf 87,42 Dollar.