Konsumgüter

Henkel kämpft gegen den Kostendruck

Höhere Kosten in Milliardenhöhe und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs drücken auf Henkels Rendite. Der Konzern schreibt knapp 200 Mill. Euro auf das Russland-Geschäft ab. Kaufinteressenten für die Aktivitäten stehen laut Vorstand Schlange. Eine Shortlist gibt es bereits.

Henkel kämpft gegen den Kostendruck

ak Köln

 Henkel kann die stark gestiegenen Kosten nur teilweise an die Kunden weitergeben. Der Klebstoff- und Konsumgüterkonzern wies zwar ein hohes Umsatzwachstum im ersten Halbjahr aus und erhöhte auch die Erlösprognose für das Gesamtjahr weiter, gleichzeitig sanken die Margen deutlich. Analysten hatten jedoch einen noch stärkeren Rückgang erwartet, so dass die Kommentare zum Zwischenbericht recht positiv ausfielen. In den ersten sechs Monaten steigerte der Persil- und Pritt-Hersteller den Konzernumsatz um knapp 10% auf 10,9 Mrd. Euro, die bereinigte Ebit-Marge sackte dabei um 3,7 Prozentpunkte auf 10,7% ab.

Henkel-Finanzvorstand Marco Swoboda bestätigte frühere Angaben, wonach der Konzern im laufenden Jahr mit einer Mehrbelastung aus höheren Rohstoff-, Material- und Logistikkosten von 2 Mrd. Euro rechnet. Die Weitergabe an die Kunden gelinge im Klebstoffgeschäft, in dem Henkel Weltmarktführer ist, zu großen Teilen. „Im Konsumentengeschäft ist das nicht so einfach“, erläuterte der CFO. Hier könne der Konzern die Preissteigerungen nur zum Teil weiterreichen. Dennoch reichte es für eine höhere Umsatzprognose: Die Henkel-Führung rechnet jetzt mit einem organischen Plus von 4,5 bis 6,5 % im Gesamtjahr und hat den Korridor damit um einen Prozentpunkt hochgesetzt. Vor allem bei den Markenartikeln ist Henkel jetzt noch optimistischer gestimmt.

Sorgenkind Beauty Care konnte den Margenverfall eindämmen und im ersten Halbjahr sogar eine marginal höhere bereinigte Ebit-Rendite ausweisen als das Markenartikel-Geschäft mit Wasch- und Reinigungsmitteln (Laundry & Home Care). Bereinigt wurde dabei jedoch eine ganze Menge – unter Einbeziehung von Sondereffekten schreibt die Kosmetiksparte jedoch rote Zahlen. Henkel fuhr zwischen Januar und Juni einen Verlust vor Zinsen und Steuern von 75 Mill. Euro ein. Dabei machen sich unter anderem die Portfoliomaßnahmen bemerkbar. Der Vorstand hatte angekündigt, die Beauty-Care-Geschäfte besonders gründlich zu durchkämmen. Auf ein europäisches Konsumentengeschäft, das verkauft werden soll, hat Henkel jetzt 70 Mill. Euro abgeschrieben. Um was es sich handelt, wollte der Vorstand jedoch nicht sagen.

Wertberichtigung in Russland

Auch die Aufgabe der Aktivitäten in Russland und Belarus drückt auf das Ergebnis der Kosmetik. Der Vorstand hatte Ende April den Rückzug aus den beiden Märkten, die bislang für gut 5 % des Konzernumsatzes standen, beschlossen. Zur Diskussion stehen eine Einstellung oder ein Verkauf. Henkel hat zum Halbjahr knapp 200 Mill. Euro auf die Geschäfte abgeschrieben. Der verblei­bende Nettobuchwert liegt laut Zwischenbericht bei rund 500 Mill. Euro.

„Es besteht großes Interesse“, berichtete Konzernchef Carsten Knobel in einer Telefonkonferenz im Hinblick auf mögliche Käufer. Inzwischen habe Henkel eine Shortlist erstellt und Due-Diligence-Prozesse eingeleitet. Bis Ende des Jahres will Henkel das Kapitel Russland abschließen. In Nordamerika, dem größten Absatzmarkt des Konzerns, sieht Henkel erste Anzeichen, dass die Veränderungen im Management und Portfolio greifen. Es war die einzige Region, der im ersten Halbjahr eine Margensteigerung gelang, wenn auch nur auf niedrigem Niveau. Die Ebit-Rendite erreichte 2% nach 0,6% im Vorjahr.

Knobel erläuterte, die deutlichen Marktanteilsverluste der Vergangenheit in den USA hätten sich zuletzt stark verringert. Teilweise sei der Trend schon umgekehrt worden. So habe die Waschmittelmarke „All“ im zweiten Quartal Marktanteile gewinnen können und sei zweistellig gewachsen.

In Osteuropa sowie in der Region Afrika/Nahost fuhr Henkel dagegen operativ Verluste von zusammen knapp 100 Mill. Euro ein.

Die Effekte einer möglichen Gasrationierung für die eigene Produktion hält Knobel für überschaubar. Der Konzern sei nicht sehr energieintensiv. Er warnte jedoch, dass die Auswirkungen insgesamt schwer abzuschätzen seien, da viele Vorprodukte aus der chemischen Industrie bezogen werden, die ein Gaslieferstopp stark treffen könnte.

Henkel
Konzernzahlen nach IFRS
1. Halbjahr
in Mill. Euro20222021
Umsatz109139926
Bereinigtes Ebit111661430
Ber. Ebit-Marge (%)10,714,4
Konzernergebnis448947
Bereinigtes Ergebnis je Vz.-Aktie (Euro)         1,95         2,40
Roce (%)6,413,0
Free Cashflow46471
Nettofinanzschulden14412922
Eigenkapitalquote (%)60,060,62
Marktwert 15.8. (Mrd.)28,0    
1) vor Einmaleffekten und Restrukturierung;2)Stand: 31.12.2021Börsen-Zeitung
BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.