Großbritannien

Reduzierte Ab­hängigkeit von Russland

Die britische Regierung hat den Stahlhersteller Sheffield Forgemasters aufgefordert, einen Liefervertrag mit Gazprom zu kündigen. Tata und British Steel wollen keine russische Kokskohle mehr einführen.

Reduzierte Ab­hängigkeit von Russland

hip London

Die britische Regierung hat das staatliche Rüstungsunternehmen Sheffield Forgemasters dazu aufgefordert, einen Gasliefervertrag mit Gazprom zu kündigen. Es wurde Kunde der russischen Gesellschaft, als sich diese 2006 den Versorger Pennine Natural Gas einverleibte. Wie der „Sunday Telegraph“ berichtet, handelt es sich um einen flexiblen Vertrag, der es dem Stahlproduzenten aus South Yorkshire ermöglichte, zu niedrigen Preise für Jahre im Voraus Gas zu kaufen und nicht benötigte Mengen am Markt zu verkaufen. Nun ist er gezwungen, sich bei stark gestiegenen Preisen einen neuen Versorger zu suchen. Zudem könnten Strafzahlungen bei vorzeitiger Vertragsbeendigung fällig werden. Der Export von Stahlwalzen nach Russland wurde eingestellt.

Sheffield Forgemasters wurde im vergangenen Sommer verstaatlicht (vgl. BZ vom 29.7.2021). Das Unternehmen, das zu den ältesten britischen Firmen gehört, stellt für das britische Militär unverzichtbare Komponenten her: Reaktordruckgehäuse für die Atom-U-Boot-Flotte. Es ist auch am von Rolls-Royce initiierten Programm für den Bau von modularen Miniatommeilern beteiligt. Weithin bekannt wurde es 1990 durch den Skandal um eine „Superkanone“, die es angeblich für den irakischen Diktator Saddam Hussein bauen wollte.

Bislang hat die britische Regierung noch keine Sanktionen gegen russische Gasfirmen verhängt. Man beließ es bei der Ankündigung, die Optionen für die Beendigung der Abhängigkeit vom russischen Gas zu prüfen. Die in London ansässige Gazprom Energy liefert rund ein Fünftel der von britischen Firmenkunden bezogenen Gasmengen. Es handelt sich um das Gashandelsgeschäft des russischen Versorgers, das Gas aus aller Welt erwirbt und veräußert.

Kokskohle für Stahlhersteller

Derweil stellten die größten britischen Stahlproduzenten ihre Importe russischer Kohle ein, wie die „Mail on Sunday“ berichtet. Tata Steel UK und British Steel hätten sich freiwillig dazu entschieden. Russland war nach den Vereinigten Staaten der wichtigste Lieferant von Kokskohle für die britische Eisen- und Stahlindustrie. In den vergangenen vier Jahren wurden mehr als 3 Mill. Tonnen eingeführt. Im vergangenen Jahr kam mehr als ein Drittel der Importe (35 %) aus Russland. Tata betreibt das größte britische Stahlwerk in Port Talbot im Süden von Wales. Die vor zwei Jahren von der chinesischen Jingye aus der Insolvenz erworbene British Steel produziert in ihren nordenglischen Werken unter anderem Eisenbahnschienen.

Der Bürgermeister von Copeland, Mike Starkie, nutzte die Gelegenheit, auf die Genehmigung eines von West Cumbria Mining geplanten 165 Mill. Pfund teuren neuen Kohlebergwerks zu drängen. Es könnte mehr als 50 Jahre lang jährlich 2,7 Mill. Tonnen Kokskohle liefern. Klimaschützer laufen Sturm dagegen. Noch ist keine Entscheidung gefallen. Die Notwendigkeit des Bergwerks sei offenkundig gewesen, argumentiert Starkie. Durch die „Ereignisse in Russland und der Ukraine“ habe sie sich noch einmal dramatisch vergrößert. Unterdessen schossen die Preise für Holzpellets nach oben. Russland ist einer der größten Exporteure des vermeintlich klimaneutralen Brennstoffs.