Nach Milliardenabschreibung

Nvidia trotzt Problemen im China-Geschäft

Nvidia muss infolge des Handelskriegs zwischen Washington und Peking schwere Belastungen schultern. Doch der Börsenliebling der vergangenen Jahre schlägt sich wacker – und hofft auf neue Erlösquellen.

Nvidia trotzt Problemen im China-Geschäft

Nvidia trotzt Problemen im China-Geschäft

US-Chipdesigner steigert Erlöse und Gewinn trotz Exportkontrollen kräftig – Umsatzeinbußen in Milliardenhöhe in Sicht – Aktie sehr fest

Nvidia muss infolge des Handelskriegs zwischen Washington und Peking milliardenschwere Belastungen schultern. Vorstandschef Jensen Huang kritisiert US-Exportkontrollen auf Halbleiter entschieden. Doch der Börsenliebling der vergangenen Jahre schlägt sich wacker – und setzt nun auf neue Erlösquellen.

xaw New York

Nvidia hat den Zugang zum wichtigen chinesischen Markt vorerst verloren – dennoch brummen die Geschäfte des Chipdesigners. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2025/26, das am 30. April endete, haben die Kalifornier ihre Erlöse im Vergleich zum Vorjahr um 69% auf 44,06 Mrd. Dollar gesteigert. Damit übertrafen sie die vom Informationsdienstleister Factset ermittelte Konsensprognose von 43,34 Mrd. Dollar, obwohl Nvidia Halbleiter im Wert von 2,5 Mrd. Dollar nicht ins Reich der Mitte ausliefern konnte. Die Erlöse im zentralen Rechenzentren-Geschäft, in dem der Konzern in den letzten beiden Jahren massiv vom Boom um künstliche Intelligenz (KI) profitierte, zogen um 73% auf 39,1 Mrd. Dollar an. Der bereinigte Nettogewinn kletterte um 31% auf 19,89 Mrd. Dollar.

Exportkontrollen belasten

Bereits Mitte April hatte Nvidia vor einer Milliardenbelastung durch den Handelskrieg zwischen Washington und Peking gewarnt. Denn im Zuge dessen haben die USA ihre Exportkontrollen für Halbleiter verschärft. Für den Verkauf des für den chinesischen Markt hergestellten H20-Chips, der deutlich weniger leistungsfähig ist als in den Vereinigten Staaten verwendete Prozessoren, benötigt Nvidia nun eine Sonderlizenz.

CEO Jen-Hsun „Jensen“ Huang kritisierte die Exportkontrollen in einer Analystenschalte. „Chinesische Chiphersteller von Wettbewerb aus den USA abzuschirmen, stärkt nur ihre Position im Ausland“, betonte der Manager. Die Annahme, dass China keine KI-Halbleiter herstellen könnte, sei „eindeutig falsch“ gewesen. Zugleich äußerte Huang Unterstützung für die von Präsident Donald Trump vorangetriebenen Pläne, Fertigung von High-End-Technologie in die USA zu holen. Der Republikaner habe „eine Vision, und ich vertraue ihm“, sagte der CEO. Nvidia hat über vier Jahre Investitionen von 500 Mrd. Dollar in die US-Chipproduktion zugesagt.

Milliardenschwere Umsatzeinbußen

Washington hat angedeutet, mit Ausfuhrbeschränkungen dem Risiko begegnen zu wollen, „dass die betroffenen Produkte in einem Supercomputer in China verwendet oder in die Entwicklung eines solchen umgeleitet werden“. Die Lizenzanforderung gelte auf unbestimmte Zeit. Bis Inkrafttreten der Exportkontrollen hatte Nvidia mit den H20-Chips im ersten Geschäftsquartal 4,6 Mrd. Dollar erlöst, danach sei die Nachfrage eingebrochen.

Nvidia-Chef Jensen Huang fürchtet schrumpfende Erlöse in China.
Nvidia-Chef Jensen Huang fürchtet schrumpfende Erlöse in China. Foto: picture alliance / TT NEWS AGENCY | Stefan Jerrevång/TT
picture alliance / TT NEWS AGENCY | Stefan Jerrevång/TT

Die resultierenden Abschreibungen auf für vereinbarte Lieferungen vorgehaltenes Inventar hätten sich nun auf 4,5 Mrd. Dollar belaufen und den Gewinnanstieg damit begrenzt. Im laufenden Quartal wird der China-Bann Nvidia nach Unternehmensangaben 8 Mrd. Dollar an Umsatz kosten. Der Chipdesigner geht für die Zeit zwischen Mai und Juli von Erlösen von 45 Mrd. Dollar mit einer möglichen Abweichung um 2% in die eine oder andere Richtung aus; Wall Street hatte zuvor 45,92 Mrd. Dollar geschätzt.

Die Nvidia-Aktie, nach der steilen Rally der Vorjahre zwischen Jahresbeginn und US-Handelsschluss am Mittwoch noch mit 2,5% im Minus, legte im frühen New Yorker Geschäft am Donnerstag zunächst um über 6% zu. Anleger reagierten erleichtert darauf, dass sich das Unternehmen trotz des Handelskriegs robust zeigte. An Wall Street herumgereichte Gewinnprognosen hatten die vollen Effekte der Exportkontrollen noch nicht berücksichtigt.

Deals im Nahen Osten

Zugleich wecken Deals im Nahen Osten Optimismus: Zuletzt hat Nvidia eine milliardenschwere Chip-Vereinbarung mit dem saudischen KI-Unternehmen Humain geschlossen. Derweil wollen die Vereinigten Arabischen Emirate in Koordination mit der US-Regierung eines der weltgrößten Datenzentren bauen und haben sich Bezugsmöglichkeiten für Millionen von Nvidia-Prozessoren gesichert. Unter Trumps Amtsvorgänger Joe Biden hatte Washington die Ausfuhr von Chips in die Emirate noch stark beschränkt – aus Sorge davor, dass US-Technologie so über Umwege nach China gelangen könnte.

Foto: Nvidia

Huang – der im laufenden Jahr gemäß Offenlegungen Nvidia-Aktien im Gegenwert von 800 Mill. Dollar verkaufen will – teilte mit, er werde in der nächsten Woche durch Europa reisen. Bei Stationen in Frankreich, Großbritannien, Belgien und Deutschland erwarten Investoren neue Deal-Ankündigungen. Für Nvidia, die auch Japan, Südkorea, Singapur und Schweden zu ihren Kunden zählt, gilt das Geschäft mit Nationalstaaten als aussichtsreiche Möglichkeit, sich weniger von einer konzentrierten Kundengruppe abhängig zu machen.

Gewaltige Kapitalaufwendungen

Zuletzt haben Microsoft, Amazon, Meta Platforms und Alphabet Pläne bestätigt, ihre Ausgaben für KI-Anwendungen und Rechenzentren deutlich anzukurbeln. Nach vom Analysesoftware-Anbieter erfassten Prognosen dürften allein die vier Konzerne ihre kombinierten Kapitalaufwendungen im laufenden Jahr um 41% auf über 345 Mrd. Dollar steigern.

Bei Anlegern wächst die Sorge, dass die Investitionen von Big Tech wenig gezielt ausfallen – insbesondere seit Beginn des laufenden Jahres, als das chinesische KI-Startup Deepseek seinen Chatbot „R1“ lancierte. Dessen Performance konnte schnell mit jener großer Sprachmodelle aus den USA mithalten, obwohl den Entwicklern aus dem Reich der Mitte aufgrund von Exportkontrollen schon unter der Biden-Regierung weniger fortschrittliche Chips zur Verfügung standen.

Hoffnung ruht auf neuen Chips

Nvidia versucht indes, nicht nur mit Deals, sondern auch mit neuen Produkten positive Impulse für die US-Tech-Szene zu setzen. Im März stellte das Unternehmen überarbeitete Versionen der auf seiner „Blackwell“-Plattform basierenden Chips vor. Diese Reihe könnte laut dem von Visible Alpha erfassten Konsens im laufenden Geschäftsjahr 98 Mrd. Dollar und im kommenden 119 Mrd. Dollar einspielen. Von der zweiten Hälfte 2026 an sollen die noch leistungsfähigeren Chips der Rubin-Generation an den Markt kommen.

„Die Situation rund um China bleibt ein Problem“, betont Lale Akoner, Analystin der Trading-Plattform eToro, jedoch. Beschränkungen von Ausfuhren ins Reich der Mitte könnten Nvidia im nächsten Jahr bis zu 15 Mrd. Dollar kosten. Nun ruhe die Hoffnung auf einem neuen Chip für den chinesischen Markt.