Verpatzte Staatsanleihe-Auktion

Trump verdirbt Investoren Appetit auf Treasuries

Eine verpatzte Auktion 20-jähriger Staatsanleihen verdeutlicht die Sorgen um die fiskalische Stabilität der USA. Strategen fürchten, dass die Turbulenzen bei Treasuries auch andere Assets erfassen.

Trump verdirbt Investoren Appetit auf Treasuries

Trump verdirbt Investoren Appetit auf Treasuries

Verpatzte Auktion 20-jähriger Titel verdeutlicht Sorgen um fiskalische Stabilität der USA – Strategen fürchten Kaskadeneffekt von Anleihe-Abverkauf

Die USA locken Gläubiger in einigen Laufzeiten mit so hohen Kupons wie nie, doch das Interesse an T-Bonds sackt ab. Denn bei Investoren überwiegt angesichts von Donald Trumps Haushaltsplänen die Sorge um die fiskalische Stabilität der USA. Zudem lauern strukturelle Gefahren im Treasury-Markt.

xaw New York

Donald Trump hat für Investoren eine äußerst unappetitliche Tafel angerichtet. Denn das Haushaltsgesetz, mit dem der US-Präsident Steuersenkungen für Unternehmen und vermögende Bürger aus seiner ersten Amtszeit verlängern und zugleich die Ausgaben für Verteidigung und Grenzschutz ankurbeln will, hat mit knapper Mehrheit die Zustimmung des Repräsentantenhauses gefunden und nimmt nun den Weg durch den Senat. Ökonomen, Demokraten und republikanische Abweichler fürchten, dass die Pläne die gewaltigen Löcher im amerikanischen Haushalt noch aufreißen werden – und verlieren damit ihren verbliebenen Hunger auf US-Staatsanleihen.

Schwache Nachfrage

So stieß eine 16 Mrd. Dollar schwere Auktion 20-jähriger Treasuries zur Wochenmitte auf eine äußerst schwache Nachfrage. Gegenüber anderen T-Bonds stößt die Laufzeit – zum Ende von Trumps erster Amtszeit nach 34 Jahren wiederbelebt, um die Liquidität entlang der Zinskurve zu stärken – zwar ohnehin häufig auf weniger Interesse, ihre Rendite liegt regelmäßig über jener des 30-jährigen Titels. Doch in welchem Ausmaß die Treasury nun auf ihre Primärdealer, die bei Auktionen als Market Maker eingespannten Banken, zurückgreifen muss, stimmt Marktstrategen nervös.

Denn diese Kontrahenten schluckten 16,9% der aktuellen Emission, der langjährige Durchschnitt liegt laut BMO Capital Markets bei 15,1%. „Trader fahren ihr Exposure gegenüber lang laufenden US-Staatsanleihen und dem Greenback zurück“, betont auch José Torres, Senior-Volkswirt bei Interactive Brokers, mit Blick auf Trumps Haushaltsgesetz – und dies, obwohl das Finanzministerium bei der Auktion vom Mittwoch mit einem Kupon von 5% lockte. Seit Wiedereinführung der Laufzeit musste die Treasury nie einen höheren Zins garantieren.

Reform unrealistisch

Schließlich haben die Sorgen um die fiskalische Stabilität der Vereinigten Staaten spätestens seit den langen Streitigkeiten um die Anhebung der Schuldenobergrenze im Kongress 2023 beträchtlich zugenommen. Zuletzt hat die Staatsverschuldung über 124% des Bruttoinlandsprodukts erreicht, laut Ökonomen befinden sich die USA auf bestem Wege, diesbezüglich bald in einer Liga mit Japan oder Italien zu spielen. Eine grundlegende Haushaltsreform halten Strategen um Jan Hatzius, Chefvolkswirt von Goldman Sachs, für unrealistisch.

Unter Trump, der im Wahlkampf eine höhere Kosteneffizienz im Verwaltungsapparat versprochen hatte, hat sich das Haushaltsdefizit vielmehr noch ausgeweitet. Das unabhängige Congressional Budget Office rechnet damit, dass es im laufenden Jahr bei 6,2% des Bruttoinlandsprodukts liegen wird. Dass der Wert bis 2035 dauerhaft unter die Marke von 6% fallen wird, sehen die Prognosen nicht vor. Allein „um auf Dauer ein Primärdefizit von 3% des BIP aufrechtzuerhalten, braucht man eine Kombination von extrem starkem Wirtschaftswachstum und extrem niedrigen Realzinsen“, betonte Hatzius bereits zu Jahresbeginn im Interview der Börsen-Zeitung. Ein solches Zusammenspiel sei aber unwahrscheinlich, weil Wachstum und Zinsen in der Regel gemeinsam auf und ab gingen.

Ratingagenturen greifen zu Downgrades

Die zunehmende fiskalische Unsicherheit stößt auch den Ratingagenturen übel auf: Ende der vergangenen Woche hatte Moody's die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten von „Aaa“ auf „Aa1“ herabgestuft. Die beiden anderen großen Häuser S&P und Fitch entzogen den USA bereits 2011 bzw. 2023 im Zuge ausgedehnter Haushaltsstreitigkeiten im Kongress die Spitzennote. Dass alle Drei nun gleichzeitig Alarm schlagen, gilt als umso stärkerer Warnindikator – stehen sie seit der Finanzkrise 2008 doch dafür in der Kritik, bei einschneidenden Entwicklungen an den Märkten auch infolge von Interessenkonflikten zu spät reagiert zu haben.

Die jüngste verpatzte Treasury-Auktion hinterlässt am Sekundärmarkt einen unangenehmen Beigeschmack: Die laufende Verzinsung der zehnjährigen Treasury, in den vergangenen Monaten ungewöhnlicher Volatilität ausgesetzt, legte im frühen New Yorker Handel bei Niveaus von über 4,6% leicht zu. Steiler zogen die Renditen der 20- und 30-jährigen Titel an. Sie liegen klar oberhalb der Marke von 5,1%, nachdem sie im Zuge freundlicherer Töne im Handelskrieg zu Monatsbeginn noch auf 4,65% zurückgegangen waren.

„Wenn Trump den Treasury-Markt als Maß für die Zustimmung der Investoren zur politischen Aktivität in Washington heranzieht, dann ist der jüngste Abverkauf fraglos eine beunruhigende Entwicklung“, schreiben die Strategen von BMO in einem aktuellen Kommentar. Es stehe zu erwarten, dass die Renditebewegungen Investoren aus Übersee ebenfalls von neuen Treasury-Käufen abbringen. Internationale Gläubiger sind für Washington deutlich wichtiger geworden: Über 30% der im freien Umlauf befindlichen US-Staatsanleihen befinden sich in Händen von Marktteilnehmern außerhalb der Vereinigten Staaten.

Volatilität zieht an

Dass diese Investoren amerikanische Bonds aktuell mit Bauchschmerzen betrachteten und der eigentlich als sicherer Hafen geltende Treasury-Markt an Stabilität verliere, droht laut BMO kurzfristig noch zu höherer Volatilität auch in anderen Assetklassen wie Aktien zu führen. Der Vix – das „Angstbarometer der Wall Street“, das die Schwankungsbreite des S&P 500 misst – schoss im April bereits auf über 52 Punkte und damit in den Bereich enormer Verunsicherung. Nachdem er infolge der Annäherung im Zollstreit zwischen den USA und China jüngst wieder gesunken war, hat er in der laufenden Woche wieder angezogen.

Ökonomen warnen davor, dass die Finanzmärkte noch vor größeren strukturellen Herausforderungen stehen. Denn einerseits drängen Trumps Berater auf eine strategische Abwertung des Dollar, um die Exportwirtschaft zu stärken. Neben Strafzöllen gegen Handelspartner sollen dazu auch baldige Zinssenkungen der Federal Reserve beitragen – die Unabhängigkeit der Notenbank gilt unter Trump als stark bedroht. Dies wiederum droht im Greenback denominierte Anleihen gerade für ausländische Investoren weniger appetitlich zu machen.

Andererseits plädiert US-Finanzminister Scott Bessent grundsätzlich dafür, bei Anleiheauktionen ein stärkeres Gewicht auf das lange Ende der Kurve zu legen. Wenngleich sich damit die finanzielle Planungssicherheit des Staats erhöhen würde, fürchten Analysten doch negative Effekte. Denn in den vergangenen Jahren gelang es der Treasury, über eine kurzfristige Verschuldungstaktik die Renditesprünge der zehnjährigen T-Note so weit wie möglich einzudämmen. Kochen die USA nun statt Schatzwechseln mehr Bonds auf, droht sich Investoren der Magen vollends umzudrehen.

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