Märkte am Mittag

Dax macht weiter Boden gut

Mit Rückenwind ist der Aktienhandel in Frankfurt gestartet, dann aber gegen Mittag wieder etwas zurückgeprallt. Tatsächlich eine Erholung? Oder doch nur eine temporäre Reaktion auf die starken Verluste davor?

Dax macht weiter Boden gut

Nach dem starken Wochenstart hat sich die Erholung am deutschen Aktienmarkt am Dienstag fortgesetzt. Unterstützung kommt von der Bank of England, die Berichten zufolge den Verkauf von Staatsanleihen nach hinten verschieben will, um den Markt zu beruhigen. Die Zentralbank bezeichnete den Bericht in einer ersten Reaktion allerdings als „ungenau“. Frische Konjunkturdaten aus Deutschland hatten einen leicht negativen Einfluss auf die Kurse. So sind die jüngsten Ergebnisse des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) durchwachsen ausgefallen.

Der Dax notierte gegen Mittag noch 1,0% fester bei 12.776 Punkten, nachdem er vormittags das höchste Niveau seit rund vier Wochen erreicht und sich der 50-Tage-Linie stark genähert hatte. Sie gilt als Gradmesser für den mittelfristigen Trend. Der MDax der mittelgroßen deutschen Unternehmen gewann zuletzt 1,2%. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,9% nach oben.

ZEW gibt etwas Hoffnung

Die Konjunkturerwartungen deutscher Finanzexperten haben sich auf niedrigem Niveau etwas aufgehellt. Das ZEW-Stimmungsbarometer entwickelte sich im Oktober weniger negativ, als Analysten erwartet hatten. Die Bewertung der Konjunkturlage ging hingegen stärker zurück als prognostiziert. Die Wahrscheinlichkeit für einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts im Laufe der nächsten sechs Monate sei erheblich angestiegen, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach. „Insgesamt hat sich der wirtschaftliche Ausblick somit erneut verschlechtert.“

Die Energieversorgerwerte RWE, Eon und Uniper profitierten von der Nachricht, dass die verbleibenden drei deutschen Atomkraftwerke bis maximal Mitte April kommenden Jahres weiterlaufen können. Das hat Kanzler Olaf Scholz entschieden. Die RWE-Papiere stiegen um 1,1%. Die Eon-Aktien verteuerten sich um 1,3% und jene von Uniper um 1,8%.

Pfeiffer Vacuum Spitzenreiter

Die Anteilsscheine von Pfeiffer Vacuum legten als klarer Spitzenreiter im SDax um 10,7% zu. Der Vakuumpumpen-Hersteller blickt nach rekordhaltigen neun Monaten optimistischer auf 2022. Beim Umsatz sei mit Blick auf den bisherigen Jahresverlauf nun mit einem Umsatz zwischen 860 und 880 Mill. Euro zu rechnen. Dies liegt über der bisherigen Durchschnittsprognose von Analysten von 830 Mill. Euro.

Die Papiere von Nagarro kletterten nach erneut angehobenen Jahreszielen des IT-Dienstleisters um 4,4%. Damit waren sie zweitstärkster Wert im SDax. Nagarro erhöhte die Umsatzprognose für 2022 von 800 auf 830 Mill. Euro. Davon sollen vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sowie bereinigt um Sondereffekte nun 15 statt 14% hängen bleiben. Die neuen Erwartungen des Vorstands liegen nun etwas höher als die der Analysten.

Eurostoxx baut ebenfalls Gewinne aus

Andere europäische Aktienindizes haben ihre Gewinne am Dienstag ebenfalls ausgebaut. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 zog am Mittag um 0,69% auf 3465,24 Punkte an. In Paris gewann der Cac 40 immerhin 0,42%. Der britische FTSE 100 stieg um 0,5%.

Ob die aktuelle Aufwärtsbewegung eine stärkere Erholung eingeleitet hat oder lediglich eine Reaktion auf die vorhergegangenen Verluste darstellt, ist noch unklar. Marktexperte Andreas Lipkow will bislang nicht von einer „Trendumkehr“ sprechen, sondern sieht die Gewinne als Reaktion auf den übertriebenen Pessimismus an den Märkten an. „Es braucht jetzt mehr positive Impulse, um eine nachhaltige Trendumkehr einleiten zu können“, betonte Lipkow. „Es gibt noch zu viele potenzielle Belastungsfaktoren und negative Aspekte, die gegen eine nachhaltige Kurserholung bei europäischen Aktien sprechen.“

Dass die Kurse bereits viel Negatives vorweggenommen haben, zeigte sich auch an der Entwicklung von Swiss Re. Für die Aktien des Rückversicherers ging es trotz Ankündigung eines Verlusts im dritten Quartal aufwärts. Der Rückversicherer gab den geschätzten Schaden durch den Hurrikan „Ian“ bekannt und stellte dabei einen Verlust für das dritte Quartal von etwa 500 Mill. US-Dollar in Aussicht. Zudem wird das Ziel für die Eigenkapitalrendite 2022 wohl verfehlt werden.

Auch andere Werte des Sektors zeigten sich resistent gegenüber belastenden Nachrichten. Obwohl Goldman für eine ganze Reihe von Versicherungsaktien das Kursziel gesenkt hatte, ging es für Werte wie Axa oder Zurich leicht nach oben.

Noch stärker stiegen die Autowerte. Spekulationen über eine Neugestaltung der Partnerschaft mit dem japanischen Autobauer Nissan beflügelten Renault-Aktien, die um 1,8% anzogen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf eine mit der Sache vertraute Person schrieb, stünden die beiden Unternehmen kurz vor der Unterzeichnung eines Vertrages, der ihre Partnerschaft neu ordnen soll.

Zur Schwäche neigten dagegen die Pharmawerte. Der Schweizer Pharmakonzern Roche hatte sein moderates Wachstum in den ersten neun Monaten 2022 zwar fortgesetzt. Doch bekam das Unternehmen die sinkenden Umsätze mit Corona-Produkten zu spüren. Das Pharma-Schwergewicht büßte darauf 1,3% ein.