Märkte am Mittag

Die Nervosität an den Märkten legt sich langsam

Die Aktienhändler scheinen den SVB-Schock einigermaßen verdaut zu haben. Noch aber ist die Sorge groß, dass nach der kalifornischen Pleitebank weitere Institute in den Strudel gerissen werden. Eine entscheidende Rolle und Verantwortung kommt nun den Notenbanken zu.

Die Nervosität an den Märkten legt sich langsam

Nach der steilen Talfahrt am deutschen Aktienmarkt zu Wochenbeginn ist am Dienstag eine Stabilisierung erfolgt. Der Dax legte zur Mittagszeit um 0,49% auf 15.032 Zähler zu. Die nach dem Kollaps der US-Regionalbank SVB und anderer Institute hochgekochten Sorgen über eine mögliche Bankenkrise kühlten sich etwas ab. „Der Markt preist jetzt eine langsamere Gangart bei den Zinserhöhungen ein“, kommentierte Kapitalmarktexperte Jürgen Molnar von Robomarkets.

Der MDax stieg um 0,55% auf 27.382 Punkte und auch europaweit erholten sich die meisten großen Indizes etwas. Die US-Börsen machen es vor: Die am Vortag nach mehreren sehr schwachen Handelstagen begonnene leichte Erholung dürfte vorerst weitergehen.

Die Nervosität sei trotz allem so groß wie lange nicht, schrieb Portfoliomanager Thomas Altmann von QC Partners. Im Moment wisse keiner, ob es sich in den USA um einen auf wenige Institute begrenzten Zwischenfall handele oder ob es doch der Anfang einer neuen Krise sei. Die anstehenden Sitzungen der Europäischen Zentralbank und der Fed dürften damit noch brisanter werden. „Ein langsameres Tempo oder gar ein vorzeitiges Ende der Zinserhöhungen erscheinen wieder möglich. Entscheidend für die Börsen wird darüber hinaus sein, wie die Notenbanken den Kollaps verbal einordnen.“ Und Jochen Stanzl, Marktanalyst beim Broker CMC Markets, verweist auf eine Redensart der Wall Street, wonach die Fed die Leitzinsen so lange anhebe, bis irgendetwas wichtiges kaputt gehe. Dieser Punkt könne jetzt erreicht sein. Die SVB-Pleite hatte am Montag an der Wall Street Spekulationen auf kleinere Zinsschritte oder sogar eine Pause bei den Zinserhöhungen der US-Notenbank angefacht. Umso zentraler seien daher die in Kürze anstehenden US-Inflationsdaten für Februar.

Bankenwerte stabilisieren sich

Im Dax stehen die Aktien der Commerzbank und der Deutschen Bank weiter im Blick, nachdem sie am Vortag kräftig nachgegeben hatten. Beide Papiere zeigten sich zuletzt stabil. Die Aktien der angeschlagenen Credit Suisse fielen aber um fast 5%, nachdem das Unternehmen in seinem Jahresbericht 2022 mitgeteilt hatte, dass sich die Kundenabflüsse auf einem deutlich niedrigeren Niveau stabilisiert, aber noch nicht umgekehrt hätten. Die britische Bank HSBC verlor rund 1% und gab damit den vierten Tag in Folge nach. HSBC hatte den britischen Zweig der SVB übernommen und damit einen wichtigen Kreditgeber für Technologie-Start-ups in Großbritannien gerettet.

Mit der Risikoscheu im Zuge des Zusammenbruchs der kalifornischen Silicon Valley Bank haben die börsenotierten Finanzinstitute auf der ganzen Welt binnen zwei Tagen 465 Mrd. Dollar (434 Mrd. Euro) an Wert verloren, da Investoren von New York bis Tokio ihr Engagement im Sektor reduzierten, hat die Nachrichtenagentur Bloomberg zusammengerechnet.

Volkswagen schwächer

Der Anteilsschein von VW büßte als Dax-Schlusslicht nach detaillierten Zahlen zum abgelaufenen Jahr 2,5% ein. Jefferies-Analyst Philipe Houchois sprach von einem schwachen Schlussquartal und bemängelte vor allem die Margen des Autobauers. Im MDax fand sich das Fraport-Papier mit minus 2,7% auf dem letzten Platz wieder. Nach dem stark gewachsenen Passagierverkehr im vergangenen Jahr rechnet der Frankfurter Flughafenbetreiber für 2023 mit einer weiteren Erholung von der Corona-Krise. Die Aktionäre sollen allerdings wegen der weiterhin hohen Schulden infolge der Corona-Krise auch für 2022 und 2023 keine Dividende erhalten.

Mit plus 4,4% war dagegen die Wacker-Chemie-Aktie Favoritin im Index der mittelgroßen Werte. Der Spezialchemiekonzern rechnet für 2023 zwar mit deutlichen Geschäftseinbußen, will aber trotz schwieriger Perspektiven eine Rekorddividende von 12 Euro je Anteilsschein zahlen.

Analystenurteile bewegten ebenfalls. Die Streichung einer Verkaufsempfehlung durch die Societe Generale für die Aktie von Heidelberg Materials verhalf zu einem Kursplus von 1,0%. Ein Minus von 1,4% stand dagegen für das Papier von Brenntag zu Buche. Die US-Bank JPMorgan ist nach den schwachen Zahlen zum vierten Quartals nun skeptischer gestimmt für den Chemikalienhändler.

Verbio gewannen im MDax 3,9% und profitierten von einer Wiederaufnahme der Bewertung durch die Investmentbank Stifel mit „Buy“. Mit Blick auf die Preise für Biodiesel und Bioethanol habe der Aktienkurs inzwischen viel Negatives eingepreist. Zudem sei das Umfeld für „Biokraftstoffe der zweiten Generation“ vielversprechend, ebenso wie die internationale Expansion, hieß es.

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