Alphabet

Entlassungswelle rollt durch US-Techsektor

Die Google-Mutter Alphabet will weltweit 12.000 Stellen streichen. Damit nimmt die Entlassungswelle im US-Sektor weiter an Fahrt auf – zugleich gewinnt der Konkurrenzkampf der Techriesen an Schärfe.

Entlassungswelle rollt durch US-Techsektor

xaw Frankfurt

Die Entlassungswelle im Techsektor erfasst den nächsten Großkonzern. Die Google-Mutter Alphabet streicht weltweit 12000 Stellen, wie aus einem am Freitag versandten Mitarbeiter-Brief hervorgeht – dies entspricht rund 6% der Belegschaft. Neben Beschäftigten in der Verwaltung sind nach Unternehmensangaben auch Produktentwickler betroffen.

Alphabet folgt damit auf den Software-Riesen Microsoft, der am Mittwoch ankündigte, die Belegschaft bis zum Ende des laufenden Geschäftsquartals um 10000 Beschäftigte kürzen zu wollen. Zuvor hatte bereits Amazon 18000 Entlassungen angekündigt, die vor allem Büromitarbeiter treffen. Und auch bei prominenten Social-Media-Anbietern wirkt sich das schwierige Konjunkturumfeld aus: Die Facebook-Mutter Meta Platforms will 13% der Belegschaft oder mehr als 11000 Beschäftigte vor die Tür setzen, und der durch Elon Musks 44 Mrd. Dollar schwere Übernahme ins Chaos gestürzte Kurznachrichtendienst Twitter entließ bereits etwa die Hälfte seiner einst 7000 Mitarbeiter.

Im Verlauf des vergangenen Jahres wurden im US-Techsektor laut der Beratungsgesellschaft Challenger, Gray & Christmas rund 97000 Jobs gestrichen – in der Hochphase der Corona-Pandemie hatten die Konzerne ihre Teams noch erheblich aufgestockt, um eine steigende Nachfrage nach ihren Dienstleistungen bewältigen zu können. Nun ringen sie darum, ihre Kosten unter Kontrolle zu bringen. Denn Rezessionsängste und die hohe Inflation lasten auf den Erlösen der Branche.

Der E-Commerce-Riese Amazon leidet beispielsweise unter der geringeren Kauflust der Verbraucher. Bei Alphabet und den Social-Media-Diensten schlägt sich indes die sinkende Ausgabebereitschaft der Werbekunden nieder – die Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft sind für die Unternehmen die bei weitem wichtigste Ertragsquelle.

Einige Beobachter sehen in der Entlassungswelle nun gar das Ende einer Ära, in der die Techriesen ihr Wachstum um jeden Preis vorangetrieben hätten. Stattdessen habe nun insbesondere bei Alphabet eine Wende hin zu einem gezielteren Ausgabeverhalten begonnen. Im frühen Handel an der Wall Street zeigte sich die Aktie der Google-Mutter entsprechend fest – sie wurde aber auch durch eine allgemein aufgehellte Stimmung gestützt, die der Streaming-Anbieter Netflix mit starken Abonnementzahlen befeuert hatte.

Analysten zeigten sich indes darüber verwundert, dass Alphabet im Zuge der Entlassungen auch seine liebevoll gehütete Sparte für künstliche Intelligenz neu organisiert – diese bilde schließlich das Rückgrat der Google-Suchmaschine, des wichtigsten Produkts von Alphabet.

Tatsächlich hob Vorstandschef Sundar Pichai künstliche Intelligenz zugleich als „Schlüssel-Investmentbereich“ hervor. Alphabet muss sich in Bezug auf lernfähige Algorithmen mit einem zunehmenden Konkurrenzdruck auseinandersetzen. So machten bereits im Dezember Berichte die Runde, dass Alphabet fürchte, der Chatbot ChatGPT des Anbieters Open AI könne der Google-Suchmaschine den Rang ablaufen.

Microsoft hat bereits 1 Mrd. Dollar in Open AI investiert und befindet sich in Gesprächen über eine noch größere Beteiligung. Zu Wochenbeginn kündigte der Software-Riese an, mehr Kunden einen Zugang zu Tools des KI-Anbieters ermöglichen zu wollen. Die Investmentbank D.A. Davidson erwartet, dass das hohe Interesse an Open AI zu einer steigenden Aktivität auf der Microsoft-Cloudplattform Azure führen wird.

Im Cloud-Geschäft ist Amazon Web Services (AWS) führend, im vergangenen Jahr beliefen sich die Investitionsausgaben des Unter­nehmens laut einer Analyse der Investmentbank BoA Securities auf 28,4 Mrd. Dollar. Am Freitag kündigte die Amazon-Tochter an, in den kommenden 18 Jahren 35 Mrd. Dollar in Datencenter in Virginia investieren zu wollen. Der US-Bundesstaat bildet die wichtigste Basis von AWS. Die Ausgabenpläne deuten darauf hin, dass sich der Konkurrenzkampf im Techsektor trotz des allgemeinen Fokus auf die Kostenkontrolle weiter verschärft.

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