Drohende US-Bankenkrise

Regulatoren auf schmalem Grat

Trotz der jüngsten Maßnahmen von US-Regulatoren ist die Gefahr einer neuen Bankenkrise nicht gebannt. Insbesondere die Fed muss nun aufpassen, nicht die falschen Signale an den Markt zu senden.

Regulatoren auf schmalem Grat

US-Regulatoren bewegen sich in ihrem Kampf gegen eine neue Bankenkrise auf einem schmalen Grat. Denn einerseits waren sie nach den Zusammenbrüchen der spezialisierten Lender Silicon Valley Bank (SVB Financial) sowie Signature Bank und den Aktienmarktverwerfungen der vergangenen Tage zum Handeln gezwungen. Andererseits dürfte die Entscheidung des US-Finanzministeriums, der Federal Reserve und des staatlichen Einlagensicherungsfonds FDIC, die kollabierten Institute als systemrelevant einzustufen, um ihre Einlagen vollumfänglich garantieren zu können, die Furcht vor Ansteckungseffekten noch verstärkt haben. Von Beruhigung an der Wall Street zum Wochenstart jedenfalls keine Spur: Auch die Aktien führender US-Banken setzten nach der Handelseröffnung erneut scharf zurück, mit First Republic Bank steht zudem ein weiteres mittelgroßes Geldhaus an der Börse erheblich unter Druck.

Kopflose Panik ist an den Finanzmärkten wohl nie geboten, die Unruhe ist im derzeitigen Umfeld aber durchaus zu rechtfertigen. Denn trotz der umfangreichen Notfallprogramme, die Treasury und Fed unabhängig voneinander angekündigt haben, ist eine neue Bankenkrise sicher nicht ausgeschlossen. Die Frage ist dabei aber, auf welcher Ebene sie sich abspielen wird. Die Großbanken dürften eher weniger aufgrund zu enger Verflechtungen mit den kollabierten Lendern und daraus resultierenden Ansteckungseffekten unter Druck geraten. Dafür sind die von ihnen verwalteten Einlagen zu sehr über verschiedene Branchen verteilt. Zudem nimmt sich die Struktur der Verbindlichkeiten anders aus als bei den Kriseninstituten aus Kalifornien und New York: Bei Silicon Valley Bank waren Ende das vergangenen Jahres 89% auf Einlagen zurückzuführen, bei Bank of America waren es beispielsweise lediglich 69%.

Doch unter den kleinen bis mittelgroßen Geldhäusern wackeln durchaus noch einige Dominosteine. Dies ist auch Folge einer über Jahre dauernden Entwicklung: War der Markt einst vor allem geografisch aufgeteilt, ergeben sich inzwischen in wesentlich höherem Maß Konzentrationen auf bestimmte Kundengruppen. Das zeigt sich an SVB Financial, die sich auf die Start-up-Finanzierung spezialisiert hatte und nun hart von steigenden Zinsen und einem höheren Cash Burn ihrer Einlagenkunden getroffen wurde. Und es wird ebenfalls am Beispiel der kalifornischen Silvergate Capital deutlich, die einst als regionaler Gewerbeimmobilienfinanzierer aktiv war und sich dann von einem vermeintlich wachstumsträchtigeren Geschäftsfeld locken ließ: Banking-Dienstleistungen für Kryptoplattformen.

Um zu erkennen, dass solche einseitig exponierten Modelle nicht mehr aufgehen, wenn die Zinsen so massiv steigen wie zuletzt, braucht es eigentlich keinen Doktortitel in Betriebswirtschaftslehre. Umso erschreckender ist es, wie stark dieses Konzentrationsrisiko selbst in einem so hoch regulierten Sektor wie der Bankenbranche ignoriert wurde. Zugleich sollten aber auch Finanzinstitute ohne Einlagengeschäft, denen nun wohl in größerem Stil Mittel aus aufgelösten Bankeinlagen zufließen, noch einmal über ihren vergangenen Expansionsdrang in Segmente wie den Kryptomarkt nachdenken. Einige Hedgefonds hat die Fokussierung auf Digital Assets bereits die Existenz gekostet, US-Pensionsfonds mussten auch infolge ihres leichtfertigen Umgangs mit Cyberdevisen deutliche Rückgänge ihrer Funded Ratios, also der Quotienten zwischen Assets und Verpflichtungen, verkraften. Daran sollten sich diese Finanzdienstleister erinnern, falls die Fed infolge der Turbulenzen im Bankensystem gezwungen sein sollte, einen entspannteren geldpolitischen Kurs einzuschlagen.

Die US-Regulatoren werden in ihrem Kampf gegen die Bankenkrise auch die Risiken im Zusammenhang mit Nichtbanken stärker adressieren müssen. Zudem würde es wohl zur Beruhigung der Marktteilnehmer beitragen, wenn sie weitere detailliertere Maßnahmen zur künftigen Regulierung der Finanzinstitute mit Einlagengeschäft an den Markt kommunizierten. Denn in deren Wertpapierportfolios lauern große nicht realisierte Verluste, die bei plötzlichem Liquiditätsbedarf schnell ganz real werden können. Dabei muss insbesondere die Fed allerdings aufpassen, nicht die falschen Signale an den Markt zu senden. Schon im Notfallkreditprogramm sehen Kritiker ja eine unfaire Subventionierung von Bankmanagern, die sich nicht ausreichend gegen Zinsrisiken abgesichert hatten. Letztlich gilt es aber vor allem, die Bail-outs zu vermeiden. Treasury, Fed und FDIC betonen, ihre Sicherungsmaßnahmen würden nicht auf dem Rücken des Steuerzahlers ausgetragen. Sollte es doch anders kommen, würde dies das bereits angekratzte Vertrauen ins Bankensystem nachhaltig belasten. (Börsen-Zeitung, 14.3.2023)