Autozulieferer

Zweck­optimismus bei Continental

Nach einem Verlust im ersten Halbjahr zeigt sich Continental zuversichtlich und bestätigt die Jahresziele. Es handelt sich in Anbetracht der Unsicherheiten bei externen Faktoren um Zweckoptimismus.

Zweck­optimismus bei Continental

Continental spricht von einem Gegenwind, der or­kanartig sei. Gleichzeitig zeigt sich der Dax-Konzern zuversichtlich für die zweite Jahreshälfte und bestätigt nach dem zweiten Quartal seine bisherige Jahresprognose. Die Hannoveraner stehen stellvertretend für die Lage unter den großen Autozulieferern in Deutschland, die nach dem ersten Halbjahr besser ausfällt als befürchtet – zumindest bei denen, die Autohersteller mit teureren Fahrzeugen ausstatten.

Worauf gründet der Optimismus in einem Umfeld, in dem Conti infolge von Preissteigerungen für Rohmaterialien, Vorprodukte, Energie und Logistik mit zusätzlichen Kosten von 3,5 Mrd. Euro in diesem Jahr rechnet? Zumal infolge der gestiegenen Zinsen im Unternehmensbereich Automotive buchhalterische Ef­fekte von 370 Mill. Euro zu Buche schlagen, die neben Wertberichtigungen im Zusammenhang mit dem Russland-Geschäft sowie Restrukturierungskosten im Unternehmensbereich Contitech dazu beigetragen haben, dass für das zweite Quartal unter dem Strich rote Zahlen stehen.

Der Branchendritte, der 2021 nach zwei Verlustjahren einen Gewinn von 1,5 Mrd. Euro erwirtschaftete und eine Dividende von 440 Mill. Euro zahlen konnte, setzt nach dem Ende pandemiebedingter Einschränkungen im Schlüsselmarkt China darauf, dass die zuletzt stagnierende weltweite Autoproduktion 2022 um bis zu 6% wächst. Zudem baut Conti auf Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandskraft. Dazu gehören bessere Preise, die zuletzt in Verhandlungen mit – derzeit gut verdienenden – Autoherstellern erreicht wurden, um den Kostenanstieg abzufedern.

Ist die Zuversicht gerechtfertigt? Man muss von Zweckoptimismus sprechen. Die von Conti in der zweiten Jahreshälfte unterstellte Stabilisierung der weltweiten Lieferketten, die Verbesserung der Verfügbarkeit von Halbleitern sowie die Erwartung einer weiterhin stabilen Energieversorgung in Deutschland und Europa sind in Anbetracht der geopolitischen Lage ebenso mit Risiken und Fragezeichen verbunden wie die konjunkturelle Entwicklung. Der Zulieferer, dessen Aktie seit Ende 2021 um rund 30% gesunken ist, stützt sich auf sein rentables Reifengeschäft und muss bald zeigen, dass er nach der letztjährigen Abspaltung der Antriebssparte im derzeit defizitären Automo­tive-Bereich profitabel wachsen kann und die richtige Strategie verfolgt. Dabei hat nicht zuletzt die zu Jahresbeginn verkündete Kooperation zum autonomen Fahren zwischen dem Rivalen Bosch und dem Kunden Volkswagen den Druck erhöht.